Nikolaus-Weihnachten.de - Weihnachtsgeschichten, Weihnachtsgedichte, Weihnachtsbilder, ...
  
   Weihnachtsgeschichten
   Weihnachtsgedichte
   Weihnachtslieder
  
   Weihnachtsbilder
   Weihnachtsgeschichte
   Weihnachtsmarkt
   Winterbilder
   Weihnachtsmotive
  
   Die
   Weihnachtsgeschichte
   Die
   Nikolauslegende

     
  




Eine Weihnachtsbescherung

Weihnachtserzählung von Paul Heyse - Seite 11

[ zurück zum Anfang der Weihnachtserzählung ]

und trocknete sich mit seinem Tuch Gesicht und Hals, wie wenn er den Weg, wie so manches mal, in greller Sommerglut zurückgelegt hätte. Er wartete noch ein paar Minuten, bis das Herzklopfen nach dem stürmischen Lauf sich beruhigt hatte. Dann zog er die wohlbekannte Glocke neben der Eingangspforte. Es rührte sich lange Nichts in dem Häuschen, das der Pförtner bewohnte. Auch drang kein Lichtschimmer durch die Ritzen des Fensterladens, obwohl es kaum neun Uhr sein konnte. Zweimal noch musste der späte Gast die melancholische Glocke in Bewegung setzen, dann erst hörte er die Tür aufschließen und sah den alten Mann, tiefvermummt in einem dunklen Mantel, eine gestrickte Nachtmütze auf dem spärlichen grauen Haar, eine Laterne in der Hand, aus der schmalen Tür treten. Wie ein im Schlaf gestörter Haushund knurrte er ingrimmig vor sich hin. Als er aber die Laterne in die Höhe hielt und das Gesicht vor dem Gitter beleuchtete, stutzte er erst einen Augenblick und fragte dann in etwas minder unwirschem Ton, was Teufel der Herr Wachtmeister zu Nachtschlafender Zeit noch hier zu suchen habe. Lassen Sie mich `rein, Herr Liborius, gab der Andere mit unsicherer Stimme zur Antwort. Hab' noch was auf meinem Grab zu tun. Soll Ihr Schaden nicht sein, Herr Kirchhofsverwalter.
Der kleine Graue betrachtete ihn und das Bäumchen, das der gute Freund ihm durch das Gitter zeigte, mit unverhohlenem mitleidigem Hohn.
Sind Sie bei Trost, Wachtmeister? sagte er achselzuckend. Wollen sie wirklich das Ding da Ihrer Seligen aufbauen, als ob Sie ihr damit ein christliches Pläsier machen könnten? Meinen Sie denn, so eine arme Seele estimierte noch den Heiligabend und röche gern Fichtennadeln, Wachslichter und Pfefferkuchengewürz? Es sind ja heute Nachmittag Viele gekommen mit Kränzen und Blumensträußen und haben ihre Gräber dekoriert, na, das mag noch hingehen; `s ist mehr für ihr eignes Gemüte, dass sie sich sagen können, sie haben auch an die armen Tröpfe gedacht, die heut Abend keinen Schluck Punsch zu kosten kriegen. Aber so'n kompletter Weihnachtsbaum - nee, Herr Wachtmeister, wie haben Sie sich so was einfallen lassen können? Und klingeln mich damit aus dem ersten Schlaf, der meine ganze Weihnachtsbescherung ist!
Soll Ihr Schaden nicht sein, Herr Liborius, wiederholte Der draußen und streckte seine freie Hand, die einen harten Taler hielt, durch die Eisenstäbe. Da, Freundchen, nehmen Sie, `s ist gerne geschehn, und nu lassen sie mich `rein; das Andere ist meine Sache.
Na, wie sie meinen, brummte der Pförtner, indem er sacht das Geldstück in Empfang nahm. Die Geschmäcker sind verschieden, und Sie sind ja sonst ein braver Mann. - Dabei schloss er die kleine Pforte auf. - Aber sehen sie, Herr Wachtmeister, Sie haben noch nicht so Vielen unter die Erde geholfen, wie ich, da haben Sie noch so kuriose Begriffe von einem toten Menschen. Sie sind - nehmen Sie mir das nicht übel - wie'n Kind, das die erste Puppe geschenkt gekriegt hat. Die wird behandelt ganz wie'n lebendiger Mensch, eingewiegt und gewaschen und gefüttert, als ob sie was davon hätte, - bis das Kind endlich merkt, `s ist Alles bloß seine eigne Einbildung, und frisst dann die ganz Mahlzeit, die es im Porzellantopf angerichtet hat, selber auf. Nicht, dass ich Sie, wenn Einer tagtäglich so ein Grab umrajolen sieht, und ist Nichts drin als das bisschen Staub und Moder und Gebein, und sieht dann, wie die "tieftrauernd Hinterbliebenen" so'n Grab angucken, wie wenn's eine Chambre garnie oder Landwohnung wäre, in die sich so'n armer Sterblicher eingemietet hätte, weil er das Wagengerassel und den Straßenlärm satt bekommen hat, aber man könnte noch ganz gut sich mit ihm unterhalten, und er röche die Blumen, die man ihm zum Präsent macht, - na, wenn einer das glaubt, so mag man ihm ja den Spaß nicht verderben, so wenig man einem kleinen Mädchen sagt, dass seine Puppe bloß ein lederner Balg ist mit Sägemehl ausgestopft. Von Ihnen aber, Herr Wachtmeister, hatt' ich immer gedacht - Was Sie von mir denken, Herr Liborius, ist mir verdammt egal, murmelte der Andere, jetzt da er in dem geweihten Bezirk war, jede Rücksicht auf den Mann, der den großen Schlüssel dazu hatte, verschmähend. Lassen Sie mich nur meine Wege gehen. Ich brauch' Ihre Laterne nicht, um zu wissen, wohin ich will!
Seite: Seite 1 - Weihnachtserzählung: Eine Weihnachtsbescherung   Seite 2 - Weihnachtserzählung: Eine Weihnachtsbescherung   Seite 3 - Weihnachtserzählung: Eine Weihnachtsbescherung   Seite 4 - Weihnachtserzählung: Eine Weihnachtsbescherung   Seite 5 - Weihnachtserzählung: Eine Weihnachtsbescherung   Seite 6 - Weihnachtserzählung: Eine Weihnachtsbescherung   Seite 7 - Weihnachtserzählung: Eine Weihnachtsbescherung   Seite 8 - Weihnachtserzählung: Eine Weihnachtsbescherung      Seite 10 - Weihnachtserzählung: Eine Weihnachtsbescherung                                 21






Nikolaus-Weihnachten.de
copyright © 2022



Weihnachtserzählung: Eine Weihnachtsbescherung