|
|
Eine
Weihnachtsbescherung
Weihnachtserzählung
von Paul Heyse - Seite 15
|
|
|
[
zurück zum
Anfang der Weihnachtserzählung ]
Er vollendete diesen Monolog nicht, denn der Hund, der endlich zum Leben wieder
aufzuwachen schien, rührte sich so ungebärdig und ängstlich
unter dem Mantel, dass sein Lebensretter Mühe hatte, ihn zu
beschwichtigen. Es gelang nicht eher, als bis er ihm erlaubt hatte, durch einen
kleinen Schlitz die Nase zu stecken und dann und wann daneben ins freie zu
blinzeln. Nun lag er ergeben in sein Schicksal in dem warmen, kräftigen
Menschenarm und fühlte das warme Menschenherz an seine mageren Glieder
pochen und verfiel, während er in rüstigem Schritt dahingetragen
wurde, allmählich in einen ohnmachtähnlichen Schlummer.
Der Mann aber, der ihn trug, blieb noch einmal stehen und blickte nach dem Grab
an der Mauer an der Mauer zurück. Da loderte eben eine Feuersäule in
die Höhe: die niedergebrannten Kerzen hatten die Ketten aus Goldpapier
entzündet, die harzigen Nadeln waren mit in Brand geraten, und da kein
Wind die Flammen aus ihrer Richtung bog, brannte das ganz Bäumchen wie
eine ruhig gen Himmel strebende Fackel als das schönste Totenopfer, das an
diesem Abend wohl auf irgend einem Friedhof von frommen Händen dargebracht
worden war.
So schön feierlich sich's ausnahm, - der es gestiftet, konnte nicht
warten, bis es ganz verglüht und verklommen war. Er hastete mit seiner
Last unterm Mantel dem Ausgang zu, und erst, als er ganz nahe an dem
Pförtnerhause war, wurde sein Schritt zaudernder. Der Gedanke fuhr ihm
durch den Kopf: wie, wenn das arme zitternde Tier, das sich zu dir
hingeflüchtet, diesem Menschen, dem Nichts heilig ist, gehörte, der
es vielleicht geprügelt hat, dass der verschüchterte Wicht lieber
draußen erfrieren, als zu seinem harten Herrn zurückkehren wollte?
Wer die Toten nicht respektiert, was macht sich der aus den Lebenden, Mensch
oder Vieh? Und doch, wenn er ihn reklamiert - sein Eigentum kannst du ihm nicht
vorenthalten. Am Ende aber ist er froh ihn loszuwerden. Kusch dich, Kleiner! -
Er gab ihm einen sanften Schlag auf die zitternde schwarze Nase, dass der
kleine Stoppelkopf sich scheu unter den Mantel zurückzog, und klopfte dann
leise an den Fensterladen.
Ist's Ihnen endlich doch ein bisschen klamm geworden, Herr Wachtmeister? sagte
der kleine alte Mann, der sofort in der Tür erschien und mit seiner
Laterne vorausleuchtend dem Tore zuschritt. `s Wetter wird übrigens
umschlagen, in meinem Regenhäuschen ist die Frau wieder draußen,
geben sie Acht, wir kriegen nasse Feiertage. Aber was haben sie denn da
für'n nasses Packet unterm Mantel? Sie werden sich doch keinen Klumpen
Erde zum Andenken mitgenommen haben?
Nur zum Spaß klopfte er dem beladenen Manne auf den linken Arm. Ein
schwaches Winseln kam aus dem Versteck unterm Mantel hervor, und gleich darauf
bohrte sich die schwarze, feuchte Nase wieder zwischen den Falten durch.
Herr meines Lebens! rief der Pförtner und fuhr mit der Laterne in die
Höhe, das ist ja, meiner Seel' - wo haben sie denn den Köter
aufgetrieben?
Gehört er Ihnen, Herr Liborius? fragte Fritz Hartlaub mit seiner
höflichsten Stimme, bereit, in Unterhandlungen über den Findling
einzutreten, denn er sah das Gittertor noch verschlossen und sich in der Gewalt
diese gemütlosen Menschen.
Gott bewahre! knurrte der Andere, das fehlt mir noch, zumal es streng verboten
ist, Hunde auf den Kirchhof mitzubringen. Der da - denn ich kenn ihn wieder,
ein ruppiger Rattenfänger - vor drei Tagen schlich er sich hier ein - sie
begruben einen jungen Menschen, der sich aus Verliebtheit den Tod angetan hatte
- kein Begräbnis erster Klasse, können Sie denken - na, und weil
bloß so ein Stücker fünf bis sechs Menschen mitgingen,
drückte ich ein Auge zu, wie auch der Schnauz hinterdrein zottelte.
Hernach aber, als Alle weg waren - glauben Sie, dass ich das dumme Tier im
Gutem oder Bösem dazu bringen konnte, auch nach Hause zu gehen? Er wollte
partu von dem frischen Grabe nicht weichen, knurrte mich an und fletschte die
Zähne, wenn ich es beim Halsband packen wollte, und als ich einen Stock
holte, kniff er
|
|
|