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Eine
Weihnachtsbescherung
Weihnachtserzählung
von Paul Heyse - Seite 20
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Anfang der Weihnachtserzählung ]
machen mit so `nem vierbeinigen Wickelkind? Nehmen Sie mir's nicht übel,
Sie sind ein bisschen schwach im Kopf, weil Sie nichts im Magen haben. Ich
werde ihnen noch ein Glas Punsch bringen. - Er machte denn auch wirklich keine
Umstände, rauchte seine Pfeife, trank den Punsch und trat nur behutsam in
seinen Pantoffeln auf, wohl noch eine Stunde lang, wobei er immer, so oft er an
dem Bett vorbeikam, einen zufriedenen, väterlich würdigen Blick auf
den kleinen Schläfer warf. Als die Pfeife ausgeraucht und seine Augen von
dem starken Trank schwer geworden waren, zog er sich leise aus, löschte
die Lampe und schob sich, indem er seinen Bettkameraden behutsam näher an
die Wand rückte, unter die Decke. Er empfand mit großer
Befriedigung, dass von dem zottigen Fell Wärme ausströmte, und das
kleine Herz, das er sanft befühlte, klopfte in regelmäßigen
Schlägen. Keine fünf Minuten vergingen, so erklang durch die Mansarde
das friedliche Duett zweier Schläfer, deren Atemzüge im schönen
Einklang einer Terz vernehmlich aus- und eingingen.
Am folgenden Tage, dem ersten Weihnachtsfeiertage, bekam keiner der
Hausgenossen den neuen Einwohner zu sehen. Mittags freilich erschien der
Wachtmeister in seiner Speisewirtschaft, sputete sich aber mehr als
gewöhnlich, obwohl der festtägliche Küchenzettel zu
längerem Verweilen einlud, und ließ sich dann in der Küche eine
mitgebrachte Schüssel mit Suppe und Fleischabfällen anfüllen,
"für einen kranken Hund". Derselbe schien aber in der Genesung
starke Fortschritte zu machen. Denn als am Nachmittag die Frau Weber von ihrem
Weihnachtsschmause in der Lilienstraße zurückkehrte und bei ihrem
alten Freunde anklopfte, sich nach dem Befinden des Patienten zu erkundigen,
sprang dieser ihr mit Bellen entgegen, etwas schwankend noch auf den erfrorenen
Pfoten, übrigens ohne die hippokratische Miene von gestern, mit
wohlgekämmten Fell und glattfrisiertem Haupt, und leckte in dankbarer
Erinnerung an die gestern bewiesene Mildtätigkeit seiner noch immer etwas
unwirschen Gönnerin die Hand. Sie wolle Strubbs jetzt zu sich nehmen, wenn
der Herr Wachtmeister einen Spaziergang machen möchte. - Aber davon wollte
dieser nicht wissen. Er sei ganz guter Dinge hier oben und langweile sich
durchaus nicht.
Mit einem stillen Seufzer empfahl sich endlich die wackere Frau, nachdem er ihr
versprochen hatte, morgen Nachmittag zum Kaffee zu ihr zu kommen. Das Brautpaar
werde da sein, und natürlich könne er Strubbs mitbringen.
Pünktlich um drei Uhr. Sie hatte von ihrer zukünftigen
Schwiegertochter einen großen Napfkuchen zum Präsent bekommen. Als
der Nachmittag des zweiten Feiertags erschienen war und der so freundlich
Eingeladene sich und seinen kleinen Kameraden "proper" gemacht hatte,
nahm er das Hündchen auf den Arm, um ihm das beschwerliche
Treppenhinabrutschen zu ersparen, und verließ sein Zimmer, das ihm jetzt
erst traulich und wohnlich geworden war. Da stockte plötzlich sein
Fuß auf der untersten Stufe, dicht vor der Tür seiner alten
Freundin. Denn im nämlichen Augenblick erschien auf dem Flur des dritten
Stockwerks eine nur zu wohlbekannte weibliche Gestalt von mittlerer
Größe, zierlich angetan in einem warmen modischen
Wintermäntelchen, einen Hut mit blauen Samtblumen auf dem blonden Haupt,
die kleinen Hände in einem braunen Muff vergraben. Die eine derselben fuhr
eilig heraus, als der Treppenabsatz erreicht war, schlug den silbergrauen
Schleier zurück und streckte sich dem Entgegenkommenden dar, der wie zur
Salzsäule erstarrt keinen Schritt vorwärts bewegte.
Guten Abend, Herr Wachtmeister, erklang eine weiche Stimme aus dem runden
Hütchen hervor. Ich freue mich, Sie einmal wiederzusehen und, wie es
scheint, in bestem Wohlsein. Ich glaube, wir gehen einen Gang. Sie irren sich
Madame, kam es aus dem martialischen Schnurrbart hervor. Ich bin nur eben - ich
wollte mir nur ein bisschen die Füße vertreten - So? Da haben Sie
Recht, Herr Wachtmeister. `s ist gerade noch recht lebhaft auf den
Straßen, genießen Sie das letzte bisschen Weihnachtssonnenschein,
Sie bringen dann einen besseren Appetit mit für den Kaffee der Frau Weber.
Schade, dass ich gestern nicht die Ehre haben konnte - aber ich habe schon
gehört, Sie haben ein Pflegekind bekommen, das konnten Sie
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