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Eine Weihnachtsbescherung

Weihnachtserzählung von Paul Heyse - Seite 7

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armen Würmer nur ihre ersten Zähne durchgebissen hätten! dachte er, indem er ohne hinzuschauen vorüberschritt. Er hatte immer eine große Vorliebe für Kinder gehabt. Nun sann er darüber nach, warum die, so ihm die Rosel geschenkt, so armselige Dinger gewesen waren, die gleich wieder ausgemustert werden mussten. Ihre Mutter war doch ein so "forsches Frauenzimmer" und er - so ein Gewaltsmensch! Was half's, sich den Kopf oder das Herz darüber zu zerbrechen? Vielleicht holten sie's im Himmel nach, und ihre Mutter half ihnen dabei, und wenn er selbst einmal hinaufkäme, würden ihm zwei Backfisch-Engel entgegenspringen und ihn Papa! anreden.
Dumme Gedanken das! korrigierte er sich selbst. Sie würden ihn ja nicht kennen, und überhaupt, ob's da droben so menschlich zuginge -
Auf einmal stand er still. Über die Straße hinüber sah er einen Laden schimmern, von mäßiger Breite und Höhe, und nicht mit einer einzigen stolzen Spiegelscheibe prangend, sondern mit einem bescheidenen altmodischen Schaufenster, hinter welchem jedoch allerlei weiße oder hellfarbige Sächlein lockten, zierlich geordnet und mit kleinen Papieren besteckt, auf denen die Pfeifen standen. Das zeigte ihm nicht bloß der Lichtschein, der von zwei Gasflämmchen im Innern ausgestrahlt wurde, sondern eine Straßenlaterne gerade vor dem sauberen einstöckigen Hause, über dessen Tür eine hellblaue Tafel hing mit der Inschrift in Goldbuchstaben: Woll- und Strumpfwaren-Geschäft von Johanna Hinkel.
Es war als läge ein Zauber in diesen Buchstaben, die doch so ganz bescheiden in die Winternacht hinausglänzten. Der Mann im Mantel drüben auf der anderen Seite der Straße musste sie unverwandt betrachten, ja er sagte den Spruch, zu dem sie sich zusammenfügten, ein paar Mal laut vor sich hin, als läse er ihn zum ersten Mal, und entdeckte heute eine tiefe Weisheit in dem Halbdutzend Worte. Ohne zu wissen, was er tat oder wollte, stapfte er jetzt durch den Schnee, der am Rande des Fahrwegs zusammengeschaufelt war, und betrat unter der Laterne weg den Bürgersteig drüben dicht vor dem Schaufenster. Es stand sonst Niemand davor, wie vor anderen Läden. Wer in Woll- und Strumpfwaren seine Christbescherung machte, hatte sich wohl in den Tagen vorher versorgt, und so hübsch die gestrickten Jäckchen, gehäkelten Tüchlein, Decken, Socken, Handschuhe und Pulswärmer aufgeschichtet und ausgebreitet lagen, einen müßigen Weihnachtswanderer konnte diese Schaustellung schwerlich fesseln. Auch der Mann mit dem Bäumchen schien kein sonderliches Interesse daran zu haben. Er drückte die Nase dicht an die viereckige Scheibe und musste mit der linken Faust alle Augenblicke den feuchten Schleier wegwischen, mit welchem sein Hauch das Glas übertaute. So nur konnte er zwischen zwei gestrickten Kinderröckchen hindurch, welche die Prachtstücke des Schaufensters bildeten, in das Innere des Ladens spähen. Was er darin entdeckte, war freilich der Mühe wert, trotz der eisigen Nachtluft hier auf offener Straße eine kleine Rast zu machen, auch wenn man sich in den Laufgräben vor Paris die Zehen erfroren hatte.
Nicht die Fülle der "Wollen- und Strumpfwaren" freilich, die an den drei Wänden des länglichen Raums in größter Ordnung aufgespeichert waren, auch nicht der Ladentisch von hellpoliertem gelben Holz und die Waage aus blankem Messing oder das eiserne Öfchen dort in der Ecke, ein so köstlicher Anblick am frostklirrenden Heiligabend sein rotglühendes Türgitter sein mochte. Aber hinter dem Ladentisch in einem hochlehnigen Rohrsessel, gerade unter der einen Gasflamme, saß ein weibliches Wesen mit einem Gesicht wie Milch und Blut, die etwas niedrige Stirn von hellblondem Haar eingerahmt und dies wieder von einem rosafarbenen Kaputzchen aus leichtflockiger Zephyrwolle, dessen Zipfel frei auf die runden Schultern herabhingen. Nur die behagliche Fülle der Gestalt, die in einem mit grauem Pelz verbrämten losen Jäckchen steckte, verriet, dass die Inhaberin wohl schon seit einiger Zeit "die Linie passiert" haben musste. Das Gesicht aber, zumal in dem warmen goldigen Flackerschein der Gasflamme, hätte man für das sommerlich aufgeblühte Antlitz einer glücklich verheirateten Frau gehalten, über dessen Flor noch keinerlei Ehestürme hingeweht wären. Die Farbe der Augen war nicht zu erkennen, da sie sich auf ein Büchlein hefteten, das
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