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Das
Heimchen am Herde
Drittes
Gezirpe.
Weihnachtserzählung
von Charles Dickens - Seite 15
Übersetzer: Richard Zoozmann
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Kapitelanfang der Weihnachtserzählung ]
"Das hattest du?" rief der Kärrner; - "ist das
möglich?" "Ja, ich hatte es," versetzte der andere; -
"und sie erwiderte meine Neigung. Seither hatte ich es wenigstens immer
geglaubt, aber nun bin ich meiner Sache gewiss."
"Gott helfe mir," rief der Kärrner; - "das ist noch das
Schlimmste von allem!"
"Ich war ihr getreu geblieben," fuhr Edward fort; - "und kehrte
nach manchen Mühsalen und Gefahren erst neulich zurück, um unsern
alten Kontrakt wenigstens für meinen Teil zu erfüllen. Da hörte
ich, zwanzig Meilen von hier, sie sei falsch gegen mich gewesen, sie habe mich
vergessen und sich selber einem andern reicheren Mann an den Hals geworfen. Es
fiel mir nicht ein, sie deshalb zu tadeln; allein ich wollte sie wenigstens
sehen und es über allen Zweifel erheben, falls dies wahr wäre. Ich
hoffe noch immer, sie sei gegen ihren eigenen Wunsch und Willen dazu
genötigt worden. Es wäre zwar nur ein geringer Trost gewesen, aber
ich hielt es doch jedenfalls für einen Trost und reiste hierher. Um die
Wahrheit, die ganze Wahrheit desto eher zu erfahren, um selbst ungezwungen
beobachten und selber über das Verfahren meines Liebchens urteilen zu
können, ohne einerseits ihr gegenüber behindert zu sein und ohne
anderseits einen Einfluss (wenn ich noch irgend welchen auf sie hatte) geltend
zu machen, verkleidete ich mich - Ihr wisst ja wie, und wartete an der
Straße - Ihr wisst ja wo. Ihr schöpfet nicht den mindesten Argwohn,
und sie" - setzte er auf Dot deutend hinzu - "sie ebenso wenig, bis
ich ihr hier an diesem Herde meinen Namen ins Ohr flüsterte, und sie mich
beinahe verraten hätte."
"Als sie aber erfuhr, dass Edward noch am Leben und zurückgekommen
war," schluchzte Dot, die nun ihrerseits den Faden der Erzählung
aufnahm, wonach sie sich schon während seiner ganzen Rede ordentlich
gesehnt hatte, - "und als sie seine Absicht erfuhr, riet sie ihm selber,
unter allen Umständen sein Geheimnis für sich zu behalten, denn sein
alter Freund John Peerybingle war allzu offen in seinem geraden, schlichten
Wesen und zu linkisch für jede Art von feinerem Kunstgriff - da er
überhaupt ein etwas täppischer Bursche ist!" schaltete Dot halb
lachend, halb weinend ein: - "sie riet ihm, sein Inkognito für sich
zu behalten. Und als sie - das bin ich nämlich, John", - schluchzte
das hübsche Weibchen, - "alles erzählt hatte, und dass ihn sein
Liebchen längst für tot gehalten, und wie sie in letzter Zeit von
ihrer Mutter zu einer Heirat überredet worden war, die das närrische
alte Frauchen vorteilhaft nannte, und als sie - das bin ich nämlich, John
- ihm sagte, dass sie noch nicht verheiratet seien, wiewohl es hart daran war,
und dass es jammerschade wäre, wenn die Sache wirklich zustande käme,
da von ihrer Seite keine Liebe dabei sei, und als er vor Freuden fast
närrisch wurde, da er das hörte, so sagte sie - das war ich
nämlich, John! - sie wolle sich ins Mittel schlagen, wie sie es schon in
alten Zeiten oft getan, John, und wolle sein Liebchen ausforschen, und er
dürfte überzeugt sein, dass alles, was sie tue, - ich nämlich,
John - recht besorgt werde. Und es wurde recht besorgt, John! und sie wurden
getraut, John! just vor einer Stunde und hier ist die Braut! Und Gruff und
Tackleton mag als Junggesell Affen in die Hölle führen und ich bin
ein glückliches Weibchen, Maria, so wahr mir Gott helfe!"
Sie war auch ein unwiderstehliches Weibchen, wenn das irgend hierher
gehört, und niemals so unwiderstehlich, als gerade in ihrem jetzigen
Freudenrausche. Man hat gewiss noch keine so herzlichen und aufrichtigen
Glückwünsche gehört, als jene, die sie an sich und das
Bräutchen verschwendete. In diesem Tumulte von Gefühlen und
Gemütsbewegungen in seiner Brust war der ehrliche Fuhrmann ganz betroffen
dagestanden; als er jetzt auf Dor zueilen wollte, wehrte sie ihn mit
ausgestreckter Rechten ab und trat abermals einen Schritt zurück.
"Nein, John, nein! höre nur alles. Liebe mich nicht eher wieder, als
bist du alles gehört hast, was ich dir noch zu sagen habe. Es war unrecht
von mir, dass ich ein Geheimnis vor dir hatte, John. Ich bereue es aufrichtig.
Ich ahnte nicht, dass es zu etwas Bösem führen werde, als bis ich
gestern Abend nach Hause kam und neben dir auf dem kleinen Stuhl saß und
in deinen Zügen lesen musste, dass du mich mit Eduard in dem Gange bei
Tackleton hattest auf und ab gehen sehen; damals wusste ich, was du dachtest,
und fühlte, wie töricht und unrecht ich
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