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Das
Heimchen am Herde
Drittes
Gezirpe.
Weihnachtserzählung
von Charles Dickens - Seite 20
Übersetzer: Richard Zoozmann
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Kapitelanfang der Weihnachtserzählung ]
zwar den Wagen bis ans Ziel seiner Tagesreise begleitet, war aber sehr
ungehalten gewesen über die Abwesenheit seines Herrn und merkwürdig
rebellisch gegen seinen Stellvertreter. Nachdem er einige Zeit im Stall
herumgelungert war und vergebens versucht hatte, den alten Gaul zu
eigenmächtiger rebellischer Umkehr auf eigenen Faust zu veranlassen, war
er in die Schenkstube gewandert und hatte sich vor dem Feuer niedergestreckt.
Als er aber plötzlich zu der Überzeugung gekommen war, dass mit dem
Stellvertreter doch nicht viel anzufangen sei, und er verlassen werden
müsse, war er plötzlich aufgesprungen, hatte Kehrt gemacht und sich
nach Hause begeben.
Am Abend gab es gar noch ein Tänzchen. Ich könnte mich freilich mit
der allgemeinen Erwähnung dieses Vergnügens begnügen, hätte
ich nicht allen Grund zu der Vermutung, dass es ein ganz origineller Tanz und
eine höchst ungewöhnliche Tanzweise gewesen sei, die an diesem Abende
aufgeführt wurde.
Edward, der Seemann - ein gar kecker, hübscher, herzhafter Kerl - hatte
ihnen schon verschiedene Wunder von Papageien, Bergwerken, Mexikanern und
Goldstaub erzählt, als er sich's auf einmal in den Kopf setzte, von seinem
Stuhle aufzuspringen und ein Tänzchen vorzuschlagen, denn Bertas Harfe war
bei der Hand, die sie so gut zu spielen wusste, dass es eine wahre Freude war.
Dot, die eine allerliebste, schelmische Bescheidenheit an sich hatte, wenn
sie's darauf anlegte, meinte nur, weil der gute Kärrner mit der Pfeife im
Munde dasaß und es ihr am meisten Vergnügen machte, hier neben ihm
zu sitzen. Mrs. Fielding hatte nun natürlich keine andere Wahl, als
ebenfalls zu sagen ihr Tanzzeit sei auch vorüber, und das sagten denn alle
außer Maria, die gleich dabei war.
So machten sich Maria und Edward dran, unter großem Applaus ein
Tänzchen zu wagen, und Berta spielte ihre lieblichste Weise.
Nun geschah's aber - ihr dürft mir's aufs Wort glauben - dass, ehe sie
noch fünf Minuten getanzt hatte, der Kärrner plötzlich seine
Pfeife wegschleuderte, Dot um den Leib packte, in die Stube hineinsprang und
mit ihr, ganz verwunderlich, Absatz und Fußspitze drehend, im Kreise
herumfuhr wie eine Wetterfahne. Tackleton sieht dies nicht sobald, so
hüpft er zu Mrs. Fielding hinüber, fasst sie um den Leib und walzt
wie der Blitz hinterdrein. Kaum gewahrt das der alte Dot, so hüpft er wie
ein Frosch in die Höhe, zerrt die alte Mrs. Dot mitten in den Tanz hinein
und führt den Reigen wie ein Junger. Wie das Kaleb sieht, fasst er Tilly
Döskopp bei beiden Händen, und fort geht's mit ihr wie ein
Wirbelwind; Tilly Döskopp ist des festen Glaubens, dass dies erst der
Gipfelpunkt des Tanzvergnügens sei, wenn man sich unverzagt unter die
tanzenden Paare hineinmische und möglichst viel Püffe an sie
austeilte oder von ihnen hinnehme. Horch, wie das Heimchen mit seinem
Zirp-Zirp-Zirp in die Musik einfällt und wie der Kessel summt!
Aber was ist denn das? Gerade wie ich ihnen noch voll Vergnügen
zuhöre und mich nach Dot umdrehe, um noch einen Blick von ihrer
hübschen runden Figur zu erhaschen, die mir so wohlgefällt, da ist
sie samt den übrigen in Luft zerronnen, und ich bin hier allein.
Ein einsames Heimchen zirpt auf dem Herde, ein zerbrochenes Kinderspielzeug
liegt am Fußboden, und nichts sonst ist zurückgeblieben!
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