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Das Heimchen am Herde

Drittes Gezirpe.

Weihnachtserzählung von Charles Dickens (1812 bis 1870)
Übersetzer: Richard Zoozmann (1863 bis 1934)

Die Holländer Uhr in der Ecke schlug die zehnte Stunde, als sich der Kärrner ans Feuer seines Herdes niedersetzte. Er war so kummervoll und von wildem Schmerz ergriffen, dass er sogar den Kuckuck zu verscheuchen schien, der seinen melodischen Zehnuhrruf so hastig wie möglich abtat, in seinem maurischen Palast zurücksprang und die kleine Tür hinter sich so jählings zuwarf, als ob er diesen ungewohnten Anblick durchaus nicht zu ertragen vermocht hätte.
Wäre der kleine Heumäher mit der schärfsten Sense ausgerüstet gewesen, und hätte er mit jedem Streich in des Fuhrmanns Herz geschnitten, er hätte es nie so zerreißen und verwunden können, wie es Dot getan hatte.
Sein Herz war so voll von Liebe für sie, von unzähligen Fäden holder Erinnerungen mit dem ihren so zusammengehalten und verknüpft, die sie durch das tägliche Zutagekehren ihrer mancherlei liebvollen Eigenschaften um ihn gesponnen hatte; sie hatte sich so tief und liebvoll in sein Herz eingeschlossen, - in ein Herz, das in seiner Treue so einfach und so ernst, so stark im Guten und so schwach im Unrechte war, - dass es auf den ersten Anlauf weder Leidenschaft noch Rache nähren konnte, sondern nur Raum für das zerbrochene Bild seines Idols hatte.
Allein allmählich, wie der Kärrner brütend so vor seinem jetzt kalten und dunkeln Herde saß, begannen andere wildere Gedanken in ihm aufzusteigen, wie sich ein jäher Wind in der Nacht erhebt. Der Fremde war noch unter seinem beschimpften Dache; drei Schritte konnten ihn an die Tür der Kammer bringen, wo er schlief, ein einziger Streich konnte sie einschlagen. - "Ihr könntet einen Mord begehen, bevor Ihr's Euch verseht!" Konnte das aber ein Mord sein, wenn er dem Schurken Zeit gab, Mann gegen Mann mit ihm zu ringen, da der Frevler doch der Jüngere war?
Es war ein gefährlicher Gedanke, doppelt gefährlich bei seiner finsteren Gemütsstimmung. Es war ein böser Gedanke, der ihn zu einer Rachetat hinreißen wollte, die seine trauliche Behausung in eine jener berüchtigten Höhlen verwandeln würde, an denen der einsame Wanderer nächtlich nur mit ängstlichem Schauder vorübereilen könnte, weil der Furchtsame durch die zerschlagenen Fenster Schatten miteinander ringen zu sehen glaubt, wenn der Mond umwölkt ist und im wilden Sturmwetter laute Stimmen zu rufen scheinen.
Ja, er war der Jüngere! - Ja, ja, er war ein Liebhaber, der das Herz gewonnen hatte, das John nie zu rühren vermochte. Irgend ein Liebhaber aus früheren Tagen, an den sie gedacht und von dem sie geträumt, nach dem sie sich vielleicht fort und fort gesehnt hatte, während er sie so glücklich an seiner Seite wähnte. O, es lag ein namenloser Schmerz in diesem Gedanken! Sie war mit dem Kleinen, den sie zu Bette gebracht hatte, im obern Stock gewesen. Wie er so brütend und gedankenvoll am Herde saß, kam sie ganz in seine Nähe, ohne dass er es merkte - vor lauter Schmerz hatte er für alles weitere um ihn her Auge und Sinn verloren - und rückte ihren kleinen Stuhl hart vor seine Füße. Er bemerkte es erst, als er ihre Hand in der seinigen fühlte und sie zu sich auf und in sein Gesicht blicken sah. Aber nicht mit Verwunderung blickte sie ihn an, sondern mit einem scharfen, ängstlichen, forschenden Auge. Zuerst war ihr Blick unruhig und ernst, dann verwandelte sich ihre Miene in ein wildes, schmerzliches Lächeln der Verachtung, als ob sie seine Gedanken erriet, und endlich barg sie das Gesicht in die Hände und ließ den Kopf mit den aufgelösten Haaren sinken. Wenn ihm in diesem Augenblicke auch übermächtige Gewalt gegeben gewesen wäre, so hatte er doch noch zuviel von der göttlichen Tugend der Barmherzigkeit in seinem Busen, als dass er auch nur einen Gedanken von Zorn in diesem Augenblick auf sie geworfen hätte. Es war ihm aber unmöglich, sie hier auf dem kleinen Stuhle sitzen zu sehen, wo er sie so oft in ihrer heitern Unschuld mit allem Stolze seiner Liebe beobachtet hatte: und als sie endlich aufstand und ihn verließ, und im Weggehen bitterlich weinte, da gereichte es ihm eher zum Troste, den Raum neben ihm leer zu sehen, als ihre sonst so holde Gegenwart zu genießen. Dies war an und für





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Das Heimchen am Herde:
1. Gezirpe
2. Gezirpe
3. Gezirpe






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Weihnachtserzählung: Das Heimchen am Herde - Drittes Gezirpe.