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Das
Heimchen am Herde
Zweites
Gezirpe.
Weihnachtserzählungen
von Charles Dickens - Seite 18
Übersetzer: Richard Zoozmann
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Kapitelanfang der Weihnachtserzählung ]
Jetzt hörte man Räder knarren, Pferdehufe trappeln, einen Hund bellen
- kurzum das allmähliche Herannahen aller dieser Töne, bis endlich
Boxers Pfote gar noch an der Tür kratzte.
"O Gott, was ist das? Wessen Tritt ist das?" rief Berta
zusammenschreckend und sprang vom Stuhle auf.
"Wessen Tritt?" versetzte der Kärrner, der noch unter der
Haustür stand, und dessen braunes Gesicht von der scharfen Abendluft jetzt
so rot war wie eine Winterbeere; - "je nun, der meine!"
"Aber der andere Tritt?" fragte Berta - "der Tritt des Mannes
hinter Euch?"
"Sie lässt sich wahrlich nicht täuschen!" versetzt der
Kärrner lachend; - "kommt nur herein, Sir! Ihr werdet allen
willkommen sein, verlasst Euch drauf!"
Er sprach das mit sehr lauter Stimme, und während er noch so sprach, trat
der taube alte Herr herein.
"Er ist Euch nicht so fremd, Kaleb, dass Ihr ihn nicht schon einmal
gesehen hättet!" sagte der Kärrner; - "wollt Ihr ihm hier
ein Obdach gönnen, bis wir gehen?"
"Ei freilich, John," meinte Kaleb, "es ist uns`ne Ehre, dass er
nur bei uns vorspricht."
"Er ist der beste Gesellschafter auf Erden, wenn man Geheimnisse zu
verhandeln hat," sagte John gutmütig; - "ich hab` ein paar
leidlich gute Lungen, aber ich versichere Euch, er stellt sie auf die Probe.
Setzt Euch, Sir, Ihr seid hier unter guten Freunden und seid allen hier
willkommen."
Als er diese Zuversicherung dem Fremden mit einer Stimme mitgeteilt hatte, die
Johns Behauptung von seinen Lungen vollauf zu bestärken schien, setzte er
in seinem gewöhnlichen Tone hinzu: "Der gute Mensch verlangt nicht
mehr, als einen Stuhl in einer Kaminecke und die Erlaubnis, ganz ruhig dasitzen
und sich freundlich umblicken zu dürfen. Er ist leicht zufrieden zu
stellen."
Berta hatte lange aufmerksam zugehört; jetzt rief sie Kaleb an ihre Seite
heran, wo sie ihm einen Stuhl zurecht rückte, und bat ihn leise, ihr den
fremden Ankömmling zu beschreiben. Als er dies getan hatte, und zwar
diesmal mit gewissenhafter Treue, rührte sie sich zum ersten Male, seit er
eingetreten war, seufzte und schien keinen weitern Anteil an seiner Person an
den Tag zu legen.
Der Kärrner war in bester Laune, wie er denn überhaupt stets ein
guter Kerl war; heute aber schien er seinem hübschen Weibchen noch holder
zu sein als je.
"Sie war heute Nachmittag eine ungeschickte Dot!" sagte er und
umschlang sie mit seinen derben Armen, während sie etwas entfernt von den
andern beiseite stand; - "und doch bin ich ihr so herzlich gut. Schau
einmal dorthin, Dot!" Er deutete auf den alten Mann; sie schaute zu Boden,
und ich möchte fast behaupten, sie zitterte in diesem Augenblick. "Er
ist, - hahaha! - voll Bewunderung für dich, Dot," sagte der
Kärrner; "auf dem ganzen Wege hierher sprach er einzig nur von dir.
Je nun, `s ist ein wackerer alter Kerl, und ich bin ihm dafür gut!"
"Ich wollte, er hätte sich einen bessern Gegenstand gewählt,
John!" sagte Dot und warf einen unbehaglichen Blick im ganzen Zimmer
umher, besonders aber auf Tackleton.
"Einen bessern Gegenstand?" rief der lustige John; - "einen
solchen gibt's gar nicht. Komm, Dot! herunter mit dem Oberrock, herunter mit
der dicken Halsbinde und den schweren Pulswärmern! Jetzt gilt's ein
trauliches halbes Stündchen am Feuer! Ergebenster Diener, Madame. Beliebt
Ihnen vielleicht ein Spielchen Cribbage mit mir? Ei das ist schön!
Geschwind, Dot, das Brett und die Karten her! Und mir ein Glas Bier, wenn noch
eins übrig ist, kleines Weibchen!"
Seine Aufforderung galt der alten Dame, die sie mit huldvoller Bereitwilligkeit
annahm, und sie huben sogleich zu spielen an. Anfangs sah sich der Kärrner
zuweilen lächelnd um oder rief hie und da Dot herbei, damit sie ihm
über seine Schulter in die Karten blicke und ihm bei irgend einem
kritischen Stich ihren Rat erteile. Da es aber seine Gegnerin mit den
Spielregeln sehr strenge nahm und auch gelegentlich an einer gewissen
Vergesslichkeit litt, infolge deren
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