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Kapitelanfang der Weihnachtserzählung ]
"Ja, ja, ich höre es!" murmelte Kaleb leise, mit dem stieren
Blicke eines Nachtwandlers, "aber ich kann's nicht glauben, - ich
möchte es beschwören, es ist wieder eine meiner
Selbsttäuschungen!"
"Seht Ihr!" sagte Tackleton etwas verlegen, - "ich möchte
gerne die Peerybingles etwas mehr mit Jungfer Fielding zusammenbringen, denn
ich bin im Begriffe, die Jungfer zu heiraten!"
"Heiraten?" rief das blinde Mädchen, und prallte vor
Überraschung vor ihm zurück.
"Sie ist ein so verteufelt blödes Geschöpf," brummte
Tackleton, "dass ich fürchten konnte, sie werde mich niemals
verstehen. - Ja, Berta, heiraten!" setzte er laut und mürrisch hinzu;
- "Kirche, Pfarrer, Gemeindeschreiber, Kirchendiener, Glaskutsche,
Glockengeläute, Frühstück, Hochzeitskuchen, Bandschleifen,
Tanzmusik und die ganzen andern Torheiten. Eine Hochzeit, verstehst du? eine
Hochzeit. Weißt du nicht, was eine Hochzeit ist?"
"O ja, ich weiß es!" gab das blinde Mädchen halblaut zur
Antwort, - "ich verstehe!"
"Soso?" brummte Tackleton, "das geht über meine Erwartung.
- Je nun, und aus diesem Grund möchte ich auch mit von der Partie sein und
meine Jungfer Braut und ihre Mutter hierher bringen. Ich will auch noch am
Vormittag einen Beitrag zum Imbiss herschicken - eine kalte Schöpfenkeule,
oder sonst eine schmackhafte Kleinigkeit der Art. Ihr erwartet mich also?"
"O ja!" gab sie zur Antwort.
Sie hatte das Köpfchen sinken lassen und ihr Gesicht abgewandt und stand
nun mit gefalteten Händen gedankenvoll und verträumt da.
"Ich glaube es kaum, dass du mir's erlauben willst!" murmelte
Tackleton und schaute sie von der Seite an, - "denn du scheinst schon
alles wieder vergessen zu haben. Heda, Kaleb."
Ich denke, ich darf mich jetzt schon zu melden wagen, dachte Kaleb.
"Was beliebt, Sir?"
"Sorge du dafür, dass sie nicht vergisst, was ich ihr eben gesagt
habe!" versetzte Tackleton.
"O, sie vergisst nie etwas!" sagte Kaleb, - "das ist eines von
den wenigen Dingen, auf die sie sich nicht versteht!"
"Jeder Narr lobt seine Kappe," murmelte der Spielzeughändler,
achselzuckend, - "armer, dummer Teufel!"
Als er sich mit unaussprechlicher Verachtung dieser geistvollen Bemerkung
entledigt hatte, entfernte sich der alte Gruff und Tackleton mürrisch.
Berta blieb in tiefes Sinnen verloren auf dem Platze stehen, wo er sie
verlassen hatte. Aller Frohsinn war von ihrem niedergeschlagenen Gesicht
entwichen, und ihre Mienen wurden sehr traurig. Sie schüttelte ein paar
Mal den Kopf, als betraure sie irgend eine Erinnerung oder einen Verlust,
allein ihre bekümmerten Gedanken ließen sich nicht in Worten
kundgeben.
Erst nach einer Weile, als Kaleb ein Gespann hölzerner Pferde vor einen
Wagen befestigt hatte, indem er mit höchst summarischem Prozess ihr
Geschirr an die edelsten Teile ihres Körpers annagelte, trat sie zu seinem
Werkstuhle, setzte sich neben ihn und sagte:
"Väterchen, mir ist so einsam und öde im Dunkeln! Ich brauche
meine Augen, meine geduldigen, immer willigen Augen."
"Hier sind sie!" sagte Kaleb, - "immer zu deinem Dienste bereit!
sie gehören überhaupt mehr dir, Berta als mir, in jeden der
vierundzwanzig Stunden des Tages. Was sollen denn deine Augen für dich
tun, Liebchen?"
"Sieh dich im Zimmer um, Väterchen!" sagte sie.
"Es ist alles in Ordnung, Berta!" gab Kaleb zur Antwort; "es ist
so schnell geschehen, als du mir's geheißen hast!" - "So sag'
mir, wie es aussieht!"
"Es ist fast ganz so, wie gewöhnlich!" meinte Kaleb; -
"Häuslich, heimisch, und so recht niedlich und bequem. Hübsche
Tapeten von heiterer Farbe an den Wänden, schöne Blumen
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