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Kapitelanfang der Weihnachtserzählung ]
auf Schüsseln und Tellern, das blank gebohnte Holz, wo irgend Balken oder
Getäfel zu schauen sind, die freundliche Helle, Reinlichkeit und
Niedlichkeit des Gebäudes im allgemeinen machen es zu einem allerliebsten
kleinen Aufenthalt."
Heiter und reinlich war auch in der Tat alles, woran Berta selbst die
geschäftigen Hände anlegen konnte. Aber sonst war auch nirgends in
dem gebrechlichen, baufälligen Schuppen, den Kalebs Phantasie so
umgewandelt und verschönert hatte, Heiterkeit, Behaglichkeit und
Reinlichkeit möglich.
"Du hast jetzt deine Werkstattkleider an, Väterchen, und da bist du
nie so schön geschmückt, als wenn du den neuen Überrock
trägst!" sagte Berta, und betastete ihn mit prüfender Hand.
"Nein, nicht ganz so schmuck!" versetzte Kaleb, - "aber doch
immer ziemlich hübsch und sauber."
"Vater," sagte das blinde Mädchen, indem es hart an seine Seite
rückte und leise einen Arm um seinen Nacken schlang, - "erzähle
mir doch auch etwas von Jungfer Fielding, Tackletons Braut! Sie soll so sehr
hübsch sein?"
"Meiner Treu, das ist sie!" sagte Kaleb, und sie war es auch in der
Tat. Es mochte Kaleb ganz neu und seltsam vorkommen, wenn er der Wirklichkeit
nicht eine seiner Erfindungen unterschieben durfte.
"Ihr Haar ist dunkel," sagte Berta nachdenklich, "dunkler als
das meinige. Auch weiß ich, dass ihre Stimme süß und melodisch
ist, ich habe sie oft gerne gehört. Ihr Wuchs . . . " "Keine
Puppe in unserm Zimmer kann sich darin mit ihr messen," sagte Kaleb; -
"und dann erst ihre Augen! . . . " Er hielt plötzlich inne, denn
Berta hatte sich enger an seinen Hals geschmiegt und in dem Arme, der um seinen
Nacken lag, empfand er ein warnendes Zucken, dass er nur allzu gut verstand. Er
hüstelte einen Augenblick, hämmerte dann wieder eine Weile und
stimmte von neuem sein altes Lied vom funkelnden Becher an, das seine
unfehlbare Zuflucht in allen derartigen Verlegenheiten war.
"Unser Freund, Väterchen, unser Wohltäter. Du weißt ja,
dass ich nie müde werde, von ihm reden zu hören! - Auch bin ich's
noch nicht geworden, nicht wahr?" setzte sie hastig hinzu. "Nein,
wahrlich nicht!" versetzte Kaleb, "und zwar mit Fug und Recht."
"Ach und mit wie viel Recht", rief das junge Mädchen
inbrünstig, das Kaleb, obwohl seine Gründe die edelsten waren, ihr
doch nicht ins Gesicht blicken konnte, sondern die Augen niederschlug, als ob
sie darin die unschuldige Täuschung zu lesen vermocht hätte, die er
sich gegen sie erlaubt hatte.
"Darum erzähle mir abermals von ihm, liebes Väterchen!"
rief Berta; - "erzähle mir noch recht oft und viel. Nicht wahr, sein
Gesicht ist voll Wohlwollen, Freundlichkeit, Gutmütigkeit und
Zärtlichkeit? Dass es treu und ehrlich ist, das weiß ich schon im
voraus gewiss. Das männliche Gemüt, das jede holde Regung und jede
Wohltat unter anscheinender Barschheit und sauertöpfischem Wesen zu
verdecken sucht, spricht gewiss aus jedem Blick und Miene."
"Und verleiht ihm Adel!" setzte Kaleb in seiner stillen Verzweiflung
hinzu.
"Ja, es verleiht ihm Adel!" rief das blinde Mädchen; -
"nicht wahr, Vater, er ist ein bisschen älter, als die Jungfer
Braut?"
"Ja, ja," - versetzte Kaleb widerstrebend; - "er ist ein klein
wenig älter als die Jungfer Braut, aber das hat nichts zu bedeuten!"
"O ja, Vater, doch!" versetzte Berta; - "was für ein
Vorrecht muss das bedeuten, seine geduldige Gefährtin in Schwäche und
Hinfälligkeit, seine treue sorgliche Pflegerin in Krankheit und seine
beständige Freundin im Kummer und Leiden sein zu dürfen! Keine
Ermüdung oder Lässigkeit zu kennen, solange man für ihn
arbeitet; über ihn zu wachen, ihn zu verpflegen, wenn er hinfällig
ist, an seinem Bett zu sitzen und mit ihm zu plaudern, wenn er wacht, und
für ihn zu beten, wenn er schläft! Welche günstige Gelegenheit
muss das für sie sein, um alle ihre Treue und Ergebenheit gegen ihn an den
Tag zu legen! Wird sie das wohl alles tun, Väterchen?"
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