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Als
ich Christtagsfreude holen ging
Weihnachtsgeschichte
von Peter Rosegger - Seite 2
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Anfag der Weihnachtsgeschichte ]
die Kirche, musterte die Andächtigen, als ob er jemanden suche. Endlich
trat er an mich und fragte leise, ob ich ihm nicht die Orgel melken wolle, es
sei der Meßnerbub krank. Voll Stolz und Freude, also zum Dienste des
Herrn gewürdigt zu sein, ging ich mit ihm auf den Chor, um bei der
heiligen Messe den Blasebalg der Orgel zu ziehen. Während ich die zwei
langen Lederriemen abwechselnd aus dem Kasten zog, in welchen jeder derselben
allemal wieder langsam hineinkroch, orgelte der Schulmeister, und seine Tochter
sang also:
"Tauet, Himmel, den Gerechten,
Wolken, regnet ihn herab!
Also rief in bangen Nächten
einst die Welt, ein weites Grab.
In von Gott verhaßten Gründen
herrschten Satan, Tod und Sünden,
fest verschlossen war das Tor
zu dem Himmelreich empor."
Ferner erinnere ich mich, an jenem Morgen nach dem Gottesdienst in der
dämmerigen Kirche vor ein Heiligenbild hingekniet zu sein und gebetet zu
haben um Glück und Segen zur Erfüllung meiner bevorstehenden Aufgabe.
Das Bild stellte die vierzehn Nothelfer dar - einer wird doch dabei sein, der
zur Eintreibung von Schulden behilflich ist. Es schien mir aber, als schiebe
während meines Gebetes auf dem Bild einer sich sachte hinter den anderen
zurück.
Trotzdem ging ich guten Mutes hinaus in den nebligen Tag, wo alles emsig war in
der Vorbereitung zum Feste, und ging dem Hause des Holzhändlers
Spreitzegger zu. Als ich daran war, zur vorderen Tür hineinzugehen, wollte
der alte Spreitzegger, soviel ich mir später reimte, durch die hintere
Tür entwischen. Es wäre ihm gelungen, wenn mir nicht im Augenblicke
geschwant hätte: Peter, geh nicht zur vorderen Tür ins Haus wie ein
Herr, sei demütig, geh zur hinteren Tür hinein, wie es dem
Waldbauernbuben geziemt. Und knapp an der hinteren Tür trafen wir uns.
"Ah, Bübel, du willst dich wärmen gehen," sagte er mit
geschmeidiger Stimme und deutete ins Haus, "na, geh dich nur wärmen.
Ist kalt heut!" Und wollte davon.
"Mir ist nicht kalt," antwortete ich, "aber mein Vater
läßt den Spreitzegger schön grüßen und bitten ums
Geld."
"Ums Geld? Wieso?" fragte er, "ja richtig, du bist der
Waldbauernbub. Bist früh aufgestanden, heut, wenn du schon den weiten Weg
kommst. Rast nur ab. Und ich laß deinen Vater auch schön
grüßen und glückliche Feiertage wünschen; ich komm ohnehin
ehzeit einmal zu euch hinauf, nachher wollen wir schon gleich werden."
Fast verschlug's mir die Rede, stand doch unser ganzes Weihnachtsmahl in Gefahr
vor solchem Bescheid.
"Bitt wohl von Herzen schön ums Geld, muß Mehl kaufen und
Schmalz und Salz, und ich darf nicht heimkommen mit leerem Sack."
Er schaut mich starr an. "Du kannst es!" brummte er, zerrte mit
zäher Gebärde seine große, rote Brieftasche hervor, zupfte in
den Papieren, die wahrscheinlich nicht pure Banknoten waren, zog einen Gulden
heraus und sagte: "Na, so nimm derweil das, in vierzehn Tagen wird dein
Vater den Rest schon kriegen. Heut hab ich nicht mehr."
Der Gulden schob er mir in die Hand, ging davon und ließ mich stehen.
Ich blieb aber nicht stehen, sondern ging zum Kaufmann Doppelreiter. Dort
begehrte ich ruhig und gemessen, als ob nichts wäre, zwei Maßel
Semmelmehl, zwei Pfund Rindschmalz, um zwei Groschen, um einen Groschen Germ,
um fünf Kreuzer Weinbeerlen, um fünf Groschen Zucker, um zwei
Groschen Safran und um zwei Kreuzer Neugewürz. Der Herr Doppelreiter
bediente mich selbst und machte mir alles hübsch zurecht in Päckchen
und Tütchen, die er dann mit Spagat zusammen in ein einzelnes Paket band
und an den Mehlsack
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