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Ein Weihnachtabend

Gabrielens Christabend

Weihnachtsgeschichte von Ottilie Wildermuth ( 1817 bis 1877 )

In dem Schönen Hause in der Vorstadt, wo der reiche Kaufmann Soden wohnte, da war's an diesem Abend nicht so dunkel, wie in der Stube der Wäscherin. Aber still war's doch auch; man hörte nicht ungeduldige Kinder in fröhlicher Erwartung herumtrippel, zusammen plaudern und hie und da an die wunderbare Türe kommen, hinter der das Christkind seine Gaben bereitete, - nichts von alle dem; es war nur Ein Kind in dem großen, schönen Hause, die kleine Gabriele, und die war krank und machte nicht viel Lärm.
Das schönste Haus war eigentlich ein Sommerhaus; Herr Soden hatte es wegen der kranken Gabriele gekauft, weil sie da zu ebener Erde wohnten und das Kind keine Treppe steigen durfte, um in den Garten zu kommen. Der Kaufmann hatte noch ein großes Haus in der innern Stadt, wo sein Geschäft war, und sie wollten im Winter wieder dorthin ziehen. Aber Gabriele hatte so herzlich gebeten, man solle doch in dem schönen Haus bleiben, wo an hellen Tagen die Sonne so herrlich herein schien, dass die Mutter mit ihr dageblieben war, der Vater war den Tag über in der Stadt und kam alle Abende heraus. Es war ein kleiner Saal zu ebener Erde, prächtig erwärmt durch einen großen Porzellanofen, mit weichen bunten Teppichen über den ganzen Fußboden und schönen dichten Fensterbehängen; da rüstete die Mutter alles, was sie dachte, dass ihr krankes Kind erfreuen könnte. Die Puppenstube war neu eingerichtet, ein ganzer Kreis schön geputzter kleiner Fräulein saß dort um den Teetisch, nur rutschten sie in ihren steifen Kleidern immer wieder von den Sesseln herunter und waren schwer fest zu halten; auch der Puppenpapa, der am Klavier sitzen sollte, streckte etwas steif die Beine von sich und wollte nicht recht gut tun, dafür aber war das Puppenzimmer mit allen kleinen Herrlichkeiten angefüllt, wie sie im großen nur eine fürstliche Wohnung schmücken können.
Da hing auch ein blaues Samtmäntelchen, mit weißem Schwanenpelz garniert, und ein Atlashütchen dazu, mit weißem Schleier, wenn Gabriele einmal Schlitten fahren könnte; schöne Bilderbücher und allerlei Spiele, mit denen ein Kind sich die Zeit vertreiben kann; die Eltern wusste fast nichts Neues mehr: seit drei Jahren schon war die arme Gabriele krank und man hatte alles Mögliche versucht, um dem leidenden Kinde Freude zu machen.
Bleich und müde saß Gabriele drüben in ihrem Lehnstuhl, der Vater neben ihr; er hatte das matte Köpfchen an seine Brust gelegt und sah recht wehmütig in das blasse Gesichtchen. "Nun," sagte er so heiter als ihm möglich war, "wir wollen sehen, was Mama drüben mit dem Christkind fertig macht! wenn's dich nur auch freut, Gabrielchen; warum hast du keinen Wunschzettel geschrieben? Hast du denn gar nichts gewusst, was du dir wünschest?"
"Ich wünsche mir nur etwas Einziges und das kann man nicht auf den Wunschzettel schreiben," sagte Gabriele weinerlich. "Nun sag' mir's einmal!" bat der Vater; "es wird ja wohl zu bekommen sein; sag', Kind, was ist's?"
"Ein Schwesterlein," sagte Gabriele kurz.
"Na, Kind," lachte der Vater, "das ist aber ein großer Wunsch; aber Kinder zum Besuch will ich dir holen lassen, so viel du willst, gleich morgen."
"Das will ich nicht," sagte das kranke Mädchen kläglich; "da kommen sie und lärmen und spielen mit meinen Sachen und essen die Rosinen und Mandeln aus meiner Küche und werfen meine Puppen durcheinander und räumen nicht wieder auf, und mich lassen sie sitzen! Ich möchte ein Schwesterlein allein für mich, das nett mit mir spielt und meine Puppen anzieht und bei mit bleibt."
"Nun, vielleicht schickt uns der liebe Gott noch so ein Schwesterlein zu," vertröstete sie der Vater, der dem kranken Kind nicht widersprechen wollte; "aber hör' , die Mutter hat geklingelt, soll ich dich hinüber tragen?"
"Ich kann selbst gehen, wenn du mich führst," sagte Gabriele und lehnte sich auf den Arm des Vaters, der sie fest umschlang.
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Ein Weihnachtabend:
1. Ein Weihnachtabend
2. Margretchen allein
3. Gabriele
4. Margret verirrt sich wieder
5. Gabrielens Christabend
6. Das Schwesterlein






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Weihnachtsgeschichte: Gabrielens Christabend


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