Nikolaus-Weihnachten.de - Weihnachtsgeschichten, Weihnachtsgedichte, Weihnachtsbilder, ...
  
   Weihnachtsgeschichten
   Weihnachtsgedichte
   Weihnachtslieder
  
   Weihnachtsbilder
   Weihnachtsgeschichte
   Weihnachtsmarkt
   Winterbilder
   Weihnachtsmotive
  
   Die
   Weihnachtsgeschichte
   Die
   Nikolauslegende

     
  




Unter dem Tannenbaum.

In der Dämmerstunde

Weihnachtsgeschichte von Theodor Storm - Seite 3

[ zurück zum Anfang der Weihnachtsgeschichte ]

mir die Englands- und Weltindienfahrer des Onkels, deren Bilder an der Wand hängen. Es dauert auch nicht lange, so wird das Hauptbuch herzhaft zugeklappt, der Schlüsselbund rasselt und: "Sieh so," sagt der Onkel, "fertig wären wir!" Während er sein spanisches Rohr aus der Ecke langt, will ich schon wieder aus der Tür, aber er hält mich zurück. "Ah, wart doch mal ein wenig! Wir hätten hier wohl noch so etwas mitzunehmen." Und aus einer dunklen Ecke des Zimmers holt er zwei wohlversiegelte, geheimnisvolle Päckchen. - Ich wusste es wohl, in solchen Päckchen steckte ein Stück leibhaftigen Weihnachtens; denn der Onkel hatte einen Bruder in Hamburg, und er trat nicht mit leeren Händen an den Tannenbaum. So nie gesehenes, märchenhaftes Zuckerzeug, wie er mitten in der Bescherung noch mir und meiner Schwester auf unsere Weihnachtsteller zu legen pflegte, ist mir später niemals wieder vorgekommen.
"Bald darauf steige ich an der Hand des Onkels die breite Steintreppe zu unserm Hause hinauf. Ein paar Augenblicke verschwindet er mit seinen Päckchen in die Weihnachtsstube; es ist noch nicht angezündet, aber durch die halbgeöffnete Tür glitzert es mir entgegen aus der noch drinnen herrschenden, ahnungsvollen Dämmerung. Ich schließe die Augen, denn ich will nichts sehen, und trete in das gegenüberliegende, festlich erleuchtete Zimmer, das ganz von dem Duft der braunen Kuchen und des heute besonders fein gemischten Tees erfüllt ist. Die Hände auf den Rücken mit langsamen Schritte geht mein Vater auf und nieder. "Nun seid ihr da?" fragt er stehen bleibend. - Und schon ist auch Onkel Erich bei uns; mir scheint, die Stube wird noch einmal so hell, da er eintritt. Er grüßt die Großmutter, den Vater; er nimmt meiner Schwester die Tasse ab, die sie ihm auf dem gelblackierten Brettchen präsentiert. "Was meinst du," sagt er, indem er seinen Augen einen bedenklichen Ausdruck zu geben sucht, "es wird wohl heute nicht viel für uns abfallen!" Aber er lacht dabei so fröhlich, dass diese Worte wie eine goldene Verheißung klingen. Dann, während in dem blanken Messingkomfort der Teekessel saust, beginnt er eine seiner kleinen Erzählungen von den Begebenheiten der letzten Tage, seit man sich nicht gesehen. War es nun der Ankauf eines neuen Spazierstocks oder das unglückliche Zerbrechen einer Mundtasse, es floss alles so sanft dahin, dass man ganz davon erquickt wurde. Und wenn er gar eine Pause machte, um das bisher Erzählte im behaglichsten Gelächter nachzugenießen, wer hätte da nicht mitgelacht! Mein Vater nimmt vergeblich seine kritische Prise; er muss endlich doch mit einstimmen. Dies harmlose Geplauder - es ist mir das erst später klar geworden - war die Art, wie der tätige Geschäftsmann von der Tagesarbeit ausruhte. Es klingt mir noch lieb in der Erinnerung, und mir ist, als verstände das jetzt niemand mehr. - Aber während der Onkel so erzählt, steckt plötzlich meine Mutter, die seit Mittag unsichtbar gewesen ist, den Kopf ins Zimmer. Der Onkel macht ein Kompliment und bricht seine Geschichte ab; die Tür und die gegenüberliegende Tür werden weit geöffnet. Wir treten zögernd ein; und vor uns, zurückgestrahlt von dem großen Wandspiegel, steht der brennende Baum mit seinen Flittergoldfähnchen, seinen weißen Netzen und goldenen Eiern, die wie Kinderträume in den dunklen Zweigen hängen." - "Paul", sagt die Frau, "und wenn wir ihn noch so weit herbeischaffen sollten, wir müssen wieder einen Tannenbaum haben. Der arme Junge hat sich selbst einen Weihnachtsgarten gebaut; er ist nur eben wieder fort, um Moos aus dem Eichenwäldchen zu holen."
Der Amtsrichter schwieg einen Augenblick. - "Es tut nicht gut, in die Fremde zu gehen," sagte er dann, "wenn man daheim schon am eigenen Herd gesessen hat. - Mir ist noch immer, als sei ich hier nur zu Gaste und morgen oder übermorgen sei die Zeit herum, dass wir alle wieder nach Hause müssten!" - Sie fasste die Hand ihres Mannes und hielt sie fest in der ihrigen, aber sie antwortete nichts darauf.
"Gedenkst du noch an eine Weihnachten?" hub er wieder an, "ich hatte die Studentenjahre hinter mir und lebte noch einmal, zum letzten Mal, eine kurze Zeit als Kind im elterlichen Hause. Freilich war es dort nicht mehr so heiter, wie es einst gewesen; es war Unvergessliches geschehen, die alte Familiengruft unter der großen Linde war ein paar Mal offen gewesen;
Seite: Seite 1 - In der Dämmerstunde   Seite 2 - In der Dämmerstunde   Seite 3 - In der Dämmerstunde   Seite 4 - In der Dämmerstunde   Seite 5 - In der Dämmerstunde   Seite 6 - In der Dämmerstunde

Unter dem Tannenbaum:
1. In der Dämmerstunde
2. Unter dem Tannenbaum






Nikolaus-Weihnachten.de
copyright © 2022



Weihnachtsgeschichte: Am See und im Schnee - Unter dem Tannenbaum. In der Dämmerstunde


Nikolausgedichte