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Weihnachten im Künstlerheim

Weihnachtsgeschichte von Monika Hunnius - Seite 2

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vereinigt. Wie schmeckte es allen! Wie froh waren alle! Nun sitzen wir um den Kamin, indem die riesengroßen Birkenscheide flammen. Wir plaudern, lachen und schweigen. Die Flamme des Kamins fällt auf die Gesichter. Da ist der Sohn des Hauses, eine schlanke, vornehme Erscheinung, um den feinen Mund ein etwas spöttisches Lächeln, das man zuerst ein wenig scheut, bis man weiß, dass dieses Lächeln nichts weiter ist als ein Schutz für sein allzu weiches Herz. Und da ist auch Ida, die Tochter des Hauses, sie ist herb und scheu, aber sie hat ein Herz voll unwandelbarer Treue. Sie ist wie Schön - Rotraut, die nicht spinnen noch nähen mag, tut fischen und jagen.
Man muss sie im Segelboot sehen, in Sturm und Wellen, mit ruhiger Hand das Steuer haltend. Wenn die Wellen über den Bootsrand schlagen, wenn der Mast sich ächzend biegt und zu brechen droht, dann lachen ihre ernsten Augen, und ein Jubelruf bricht aus ihrer verschlossenen Seele.
Eine seltsame Macht übt sie auf Tiere aus, dass es fast wie ein Zauber wirkt, und die wildesten Pferde werden zahm und gehorsam auf ihren leisen Zuruf. Zu ihren Füßen ruht eine riesige Dogge, die ihr immer zur Seite ist und auf jede Bewegung ihrer Herrin horcht. Der Duft des Tannenbaumes und der Wachslichter zieht durch alle Räume des Hauses, das so voller Tradition ist, füllt die niedrigen Zimmer mit altmodischen Möbeln, ihren Streckbalken an der Decke, den weißen Tannenfußböden und dem unaussprechlichen Behagen.
Da tritt Tante Ida unter uns: "Kinder kommt hinaus und seht, wie draußen die Sterne funkeln! So funkeln sie nur am Heiligabend, zu Ehren des Christkindleins." Wir gehen alle in den Garten, dicht eingehüllt in unsere Pelze. Es ist so kalt, dass man schwer atmet. Es ist ganz still, der Schnee leuchtet und knirscht unter unseren Schritten, die Sterne funkeln, und in der Ferne schlägt ein Hund an. Aus den Fenstern des langgestreckten Hauses fällt ein Lichtschein auf den Schnee - aus der Leutestube hört man das Gesinde singen - sie singen ein Weihnachtslied: "Stille Nacht, heilige Nacht."
Nun schweig auch ich. Alles, alles das ist einmal gewesen, ehe der Krieg kam, ehe die Revolution über und hereinbrach. Nie gibt es mehr ein Weihnachtsfest in der Arche. Tante Ida ist tot - ihre Kinder auch tot oder weit verstreut. Die alte Arche ist verschwunden, die Bäume im Garten sind gefällt - tiefe Gräben ziehen sich durch die Gartenwege und die Beete, und der Schneck deckt Trümmer zu. Keiner kann sich dort mehr Kraft für sein Leben holen, keiner Liebe erfahren. Ein Schluchzen dringt mir aus dem Herzen. -
Der Baum im Künstlerheim ist fertiggeschmückt. Die Lichter am Baum werden angezündet, der Hausherr öffnet den Flügel - wir singen Weihnachtslieder. Voll und reich klingen die herrlichen Stimmen der beiden Sänger durch den Raum. Der junge Künstler nimmt die Bibel und schlägt das Weihnachtsevangelium auf. Er liest mit tiefbewegter Stimme die Weihnachtsgeschichte. Neben dem Flügel steht der Kinderwagen, drin schlummert fest und süß das Kleine. Da tritt die junge Mutter an den Wagen und nimmt das schlummernde Kind in ihre Arme. Sie steht vor dem Weihnachtsbaum und hält es mit hocherhobenen Armen in den Strahl der Weihnachtskerzen. Da erwacht das Kleine und blickt mit hellen Augen in die Weihnachtslichter. Es ist ganz still; plötzlich hebt es seine Händchen, greift nach den hellen Flammen und lacht. Der Vater liest die Weihnachtsgeschichte zu Ende: "Und die Klarheit des Herrn umleuchtet sie."
Ist es nicht wie unsichtbares Flügelrauschen, das durch den Raum weht - ist es nicht wie ein heiliges Licht, das aus dem Antlitz der jungen Mutter strahlt?
Ich sah sie oft auf dem Konzertpodium, strahlend schön, umrauscht vom Beifall der Menge, erfüllt, begeistert und getragen von ihrer künstlerischen Aufgabe. Nie aber sah ich dieses Licht in ihren Augen, nie sah ich diese stille Klarheit in ihren Zügen wie eben, da sie ihr kleines Kind in hocherhobenen Armen, wie ein Opfer, in das Licht der Weihnachtskerzen hielt.





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