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Vor
einem kleinen Hause hielten sie an, es war sehr ärmlich; das Dach ging bis
zur Erde hinunter, und die Türe war so niedrig, dass die Familie auf dem
Bauch kriechen musste, wenn sie heraus oder hinein kommen wollte. Hier war
außer einer alten Lappin, welche bei einer Tranlampe Fische kochte,
Niemand zu Hause. Das Renntier erzählte Gretchens ganz Geschichte, aber
zuerst seine eigene, denn diese erschien ihm weit wichtiger, und Gretchen war
von der Kälte so mitgenommen, dass sie nicht sprechen konnte.
"Ach, ihr Armen", sagte die Lappin, "da habt ihr noch weit zu
laufen! Ihr müsst über hundert Meilen weit nach Finnmarken hinein,
denn dort wohnt die Schneekönigin auf dem Lande und brennt jeden Abend
bengalische Flammen. Ich werde ein paar Worte auf einen trocknen Klippfisch
schreiben, Papier habe ich nicht, den werde ich euch für die Finnin dort
oben mitgeben; die kann euch besser Bescheid erteilen als ich."
Und als Gretchen nun erwärmt worden war und zu essen und zu trinken
erhalten hatte, schrieb die Lappin ein paar Worte auf einen trocknen
Klippfisch, bat Gretchen wohl darauf zu achten, band sie wieder auf das
Renntier fest, und dieses sprang davon. Die ganz Nacht brannten die
schönsten blauen Nordlichter; - und dann kamen sie nach Finnland und
klopften an den Schornstein der Finnin, denn sie hatte nicht einmal eine
Tür.
Da war eine Hitze drinnen, so dass die Finnin selbst fast ganz nackt ging; sie
war klein und dabei ganz schmutzig. Sie löst gleich die Kleider des
kleinen Gretchens auf, zog ihr die Fausthandschuhe und Stiefel aus, denn sonst
wäre es ihr zu heiß geworden, legte dem Renntier ein Stück Eis
auf den Kopf und las dann, was auf dem Klippfisch geschrieben stand. Sie las es
dreimal, und dann wusste sie es auswendig und steckte den Fisch in den
Suppenkessel, denn der konnte ja gut gegessen werden, und sie verschwendete nie
etwas.
Nun erzählte das Renntier zuerst seine Geschichte, dann die des kleine
Gretchens, und die Finnin blinzelte mit den klugen Augen, sagte aber gar
nichts.
"Du bist klug!" sagte das Renntier. "Ich weiß, du kannst
alle Winde der Welt in einen Zwirnfaden zusammenbinden; wenn der Schiffer den
einen Knoten löst, so erhält er guten Wind, löst er den andern,
dann weht es scharf, und löst er den dritten und vierten, dann stürmt
es, dass die Wälder umfallen. Willst du nicht dem kleinen Mädchen
einen Trank geben, dass sie Zwölf-Männer-Kraft erhält und die
Schneekönigin überwindet?"
"Zwölf-Männer-Kraft", sagte die Finnin, "ja, das
würde viel helfen!" und dann ging sie nach einem Brette, nahm ein
großes zusammengerolltes Fell hervor und rollte es auf. Da waren
wunderbare Buchstaben darauf geschrieben, und die Finnin las, dass ihr das
Wasser von der Stirn herunterlief.
Aber das Renntier bat so sehr für das kleine Gretchen und Gretchen blickte
die Finnin mit so bittenden Augen voller Tränen an, dass diese wieder mit
den ihrigen zu blinzeln anfing und das Renntier in einen Winkel zog, wo sie ihm
zuflüsterte, währen es wieder frisches Eis auf den Kopf bekam:
"Der kleine Karl ist noch bei der Schneekönigin und findet dort Alles
nach seinem Geschmack und Gefallen und glaubt, es sei der beste Ort der Welt.
Das kommt aber davon, dass er einen Glassplitter in das Herz und ein kleines
Glaskörnchen in das Auge bekommen hat; die müssen zuerst heraus,
sonst wird er nie ein Mensch, und die Schneekönigin wird die Gewalt
über ihn behalten!"
"Aber kannst du nicht dem kleinen Gretchen etwas eingeben, so dass sie
Gewalt über das Ganze erhält?"
"Ich kann ihr keine größere Gewalt geben, als sie schon
besitzt! Siehst du nicht wie groß diese ist? Siehst du nicht, wie
Menschen und Tiere ihr dienen müssen, wie sie auf bloßen
Füßen so gut in der Welt fortgekommen ist? Sie kann ihre Macht nicht
von uns erhalten, diese sitzt in ihrem Herzen und besteht darin, dass sie ein
liebes, unschuldiges Kind ist. Kann sie nicht selbst zur Schneekönigin
hineingelangen und das Glas aus dem kleinen Karl bringen, dann können wir
nicht helfen! Zwei Meilen von hier beginnt der Garten der Schneekönigin,
dahin
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