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Eisblumen
Weihnachtsmärchen
von Sophie Reinheimer - Seite 3
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Anfang des Weihnachtsmärchen ]
Und da - nein, aber nein - was war denn das nur? Immer mehr von den herrlichen
weißen Blumen verschwanden ja! Immer mehr - da guckten schon wieder die
alten, durchsichtigen Glasscheiben heraus.
Es war wie ein Zauber: Langsam -man wusste nicht wie, man wusste nicht wohin -
zergingen sie, zerflossen -schwanden dahin. Nichts blieb von ihnen übrig
als ein paar klare Wassertröpfchen, und die bewegten sich nun wirklich!
Langsam wie Tränen flossen sie an den Fensterscheiben herunter!
"Das Fenster weint", sagte das weichherzige Sofa.
Aber da klang draußen auf der Straße wieder eine bekannte Stimme.
Der Nordwind kam durch das Ofenrohr in den Ofen herein. Huuu - wie pfiff, und
hihihi - wie lachte er!
"Nein - wie kann - wie kann man nur so dumm sein!" sagte er zu dem
Ofen. "Schenkt euch der Winter da seine schönsten Blumen! Und was tut
ihr? Macht Feuer an, um die Blumen recht schön zu braten. Hihihi -
Eisblumen! Blumen, die in bitterer Winterkälte gewachsen sind! Als ob die
Wärme vertragen könnten!
Nein - es ist zum Totlachen. Aber freilich: was wissen solche Stubenhocker wie
Sofa, Tisch und Ofen vom Winter draußen?"
Da wurden die Möbel in der Stube alle traurig; traurig und ärgerlich.
"Der Ofen - der Ofen ist schuld daran!" riefen sie. "Ich
weiß es", sagte der Nordwind. "Er hat es gut gemeint. Aber
jedermann kann so was eben nicht vertragen."
Der arme Ofen stand betrübt in seiner Ecke, er war schon ganz
rotglühend geworden vor Scham. Nun hatte er die schönen weißen
Blumen zerstört - den Fensterschmuck, über den die ganze Stube sich
so gefreut hatte. Wie tat ihm das leid!
"Kannst du den Winter nicht vielleicht bitten, dass er uns wieder neue
Eisblumen schickt?" fragte er den Nordwind.
"Bitten will ich ihn schon", sagte der Nordwind. "Aber ob er es
tut - der alte Herr? Muss schon mal wieder bei besonders guter Laune sein -
hihi! Na - wir wollen es hoffen."
"Ja - und mit der Hoffnung, tik - tak, wollen wir uns, tik - tak,
zufrieden geben", sagte die Wanduhr.
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