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Gretchen
musste wieder ausruhen. Da hüpfte dort auf dem Schnee, der Stelle, wo sie
saß, gerade gegenüber, eine große Krähe, die hatte lange
gesessen, sie betrachtet und mit dem Kopfe gewackelt; nun sagte sie: "Kra!
Kra! - gut` Tag! Gut`Tag!" Besser konnte sie es nicht herausbringen, aber
sie meinte es gut mit dem kleinen Mädchen und fragte, wohin sie allein in
die weite Welt hinausgehe. Das Wort "allein" verstand Gretchen sehr
wohl und fühlte recht, wie viel darin lag, und dann erzählte sie der
Krähe ihr ganzes Leben und Geschick, und fragte, ob sie Karl nicht gesehen
habe.
Die Krähe nickte ganz bedächtig und sagte: "Das könnte
sein!" "Wie? Glaubst du?" rief das kleine Mädchen, und
hätte fast die Krähe tot gedrückt, so küsste sie diese.
"Vernünftig, vernünftig!" sagte die Krähe. "Ich
glaube, ich weiß, - ich glaube, es kann der kleine Karl sein! Aber nun
hat er dich sicher über der Prinzessin vergessen!"
"Wohnt er bei einer Prinzessin?" fragte Gretchen.
"Ja, höre!" sagte die Krähe. "Aber es fällt mir
schwer deine Sprache zu reden. Verstehst du die Krähensprache, dann will
ich besser erzählen!"
"Nein, diese habe ich nicht gelernt!" sagte Gretchen, "aber die
Großmutter konnte sie, und auch die P-Sprache konnte sie sprechen.
Hätte ich es nur gelernt!"
"Schadet gar nichts!" sagte die Krähe. "Ich werde
erzählen, so gut ich kann, aber schlecht wird es immer!" Dann
erzählte sie, was sie wusste.
"In diesem Königreich, in welchen wir jetzt sitzen, wohnt eine
Prinzessin, die ist ganz außerordentlich klug, aber sie hat auch alle
Zeitungen, die es in der Welt gibt, gelesen und wieder vergessen, so klug ist
sie. Vor kurzem sitzt sie auf dem Throne, und das ist doch nicht angenehm, sagt
man, da fängt sie an ein Lied zu singen: "Weshalb sollte ich mich
nicht verheiraten?" "Höre, da ist etwas daran", sagte sie,
und so wolle sie sich verheiraten, aber sie wollte einen Mann haben, der zu
antworten verstand, wenn man mit ihm sprach, einen, der nicht nur stand und
vornehm aussah, denn das ist zu langweilig. Nun ließ sie alle Hofdamen
zusammentrommeln, und als diese hörten, was sie wollte, wurden sie sehr
vergnügt. "Das mag ich leiden!" sagten sie, "daran dachte
ich neulich auch!" - Du kannst glauben, dass jedes Wort, was ich sage,
wahr ist!" sagte die Krähe. "Ich habe eine zahme Geliebte, die
geht frei im Schlosse umher, und die hat mir Alles erzählt!" Die
Geliebte war natürlicherweise auch eine Krähe. Denn eine Krähe
sucht die andere, und das bleibt immer eine Krähe.
"Die Zeitungen kamen sogleich mit einem Rande von Herzen und der
Prinzessin Namenzug heraus. Man konnte darin lesen, dass es jedem jungen Mann,
der gut aussah, frei stehe, auf das Schloss zu kommen und mit der Prinzessin zu
sprechen, und derjenige, welcher rede, dass man hören könne, er sei
dort zu Hause, und der am besten spreche, den wollte die Prinzessin zum Manne
nehmen! - "Ja, ja!" sagte die Krähe, "du kannst es mir
glauben, es ist so gewiss wahr, als ich hier sitze. Die Leute strömten
herzu, da war ein Gedränge und ein Laufen, aber es glückte nicht,
weder den ersten noch den zweiten Tag. Sie konnten Alle gut sprechen, wenn sie
draußen auf der Straße waren, aber wenn sie in das Schlosstor
traten und sahen die Wachen in Silber und die Treppen hinauf die Diener in
Gold, und die großen erleuchteten Säle, dann wurden sie verwirrt;
und standen sie vor dem Throne, wo die Prinzessin saß, dann wussten sie
nichts zu sagen, als das letzte Wort, was sie gesprochen hatte, und sie
kümmerte sich nicht darum, das noch einmal zuhören. Es war gerade,
als ob die Leute darinnen Schnupftabak auf den Magen bekommen hätten und
in den Schlaf gefallen wären, bis sie wieder auf die Straße kamen;
dann konnten sie wieder sprechen. Da stand eine ganze Reihe vom Stadttor an bis
zum Schloss. "Ich war selbst drinnen, um es zu sehen!" sagte die
Krähe. "Sie wurde sowohl hungrig wie durstig, aber auf dem Schloss
erhielten sie nicht einmal ein Glas Wasser. Zwar hatten einige der
Klügsten Butterbrot mitgenommen, aber sie teilten nicht mit ihrem Nachbar,
sie dachten: Lass ihn nur hungrig aussehen, dann nimmt die Prinzessin ihn
nicht!"
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