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Ein besonderes Weihnachtsfest

Weihnachtsgeschichte von Monika Hunnius ( 1858 bis 1934 )

Die Weihnachtsferien hatten begonnen. Mein Haus, in dem immer viel fröhliche Jugend lebte, war still geworden, denn alles war zu den Weihnachtsferien heimgefahren. Ich war allein zurückgeblieben mit einer Freundin, die mein Leben teilte. Weihnachten stand vor der Tür, und wir waren einsam. Einst war unser Leben wohl anders gewesen. Früher feierten wir Weihnachten im großen, reichen Familienkreis - nun war fast alles tot, was damals zu uns gehört hatte. "Wir wollen trotzdem Weihnachten fröhlich sein", sagte meine tapfere Freundin, als wir den ersten Abend still und einsam beisammen saßen. "Aber wie feiern wir Weihnachten, damit es ein frohes Fest wird?" "Wir wollen auf die Straße gehen und Arme einladen", schlug meine Freundin vor, "oder wir erbitten uns irgendwelche Arme aus der Stadtmission." Wir wandten uns an einen jungen Stadtmissionar aus unserer Verwandtschaft und brachten ihm unser Anliegen vor. Der lachte, als wir ihm sagten, dass wir von den Ärmsten der Armen welche haben wollten, solche, um die sich sonst keiner kümmere. "Ich kann euch alle Sorten von Verbrechern vorschlagen", sagte er, "Diebe, wegen Einbruchs Bestrafte, Trunkenbolde, ja sogar einen des Mords Verdächtigen hätte ich auf Lager. Aber", fügte er ernsthaft werdend hinzu, "ich bitte euch dringend, gebt diese Idee auf, es könnte für euch direkt gefährlich werden, wenn ihr fremdes Gesindel ins Haus zieht, sie können sich die Wege zu einem Einbruchdiebstahl gut merken."
"Man muss an die Menschen glauben", sagte ich, "dann erlebt man auch das Gute in ihren Seelen." Er lächelte ein wenig sarkastisch. "Durch mich bekommt ihr keine Adressen von Spitzbuben, sagte er, "und ich rate euch, gebt die Sache auf."
Wir aber dachte gar nicht daran, sie aufzugeben. "Dann holen wir uns die Armen von der Straße", sagten wir, "wir wollen ein besonderes Weihnachtsfest haben!"
Am anderen Tag machten wir uns auf den Weg und gingen zum Weihnachtsmark am Dünakai. Ein seltsames Leben spielte sich in diesen Tagen auf den Straßen und Plätzen an der Düna ab. Einen besonderen Reiz hatte diese Gegend, wenn man ais der Altstadt mit den vornehmen Patrizierhäusern, den alten Kirchen, den schönen alten Bauten auf den Dünakai herauskommt. Europa und Asien, dicht beieinander: die weite Fläche der Düna liegt vor einem, mit den hohen, geschwungenen Brücken, der breite Strom unter seiner Eisdecke still dahinfließend. Kleine Schlittchen, von Schlittschuhläufern geführt, fliegen pfeilschnell auf der Eisfläche hin und her und verbinden dadurch die beiden Ufer der Düna.
Offene kleine Holzbuden reihen sich aneinander. Obst, Nüsse, unglaublich primitive Spielsachen, Tonwaren, Holzschnitzereien werden dort feilgeboten. Reihen von Tischen erblickt man mit allen möglichen Waren, von denen die Verkäufer mit schreienden Stimmen die Vorübergehenden zum Kaufen ermuntern; hohe Ständer mit flatternden Tüchern, gestickten Sachen werden umhergetragen; Tisch mit riesengroßen Teemaschinen und unappetitlichem Teegebäck werden von Käufern umlagert. Man hört ein Sprachgewirr, russisch, lettisch, deutsch, alles durcheinander. Nun kommen wir an die Reihe der Tannenbäume, die zum Verkauf aufgestellt sind; Scharen von Händlern stürzen sich auf uns und preisen ihre Bäume an. Kleine Jungen, in Lumpen gehüllt, mit Pelzmützen und rotgefrorenen Gesichtern, heften sich mit wildem Geschrei an unsere Fersen und bieten sich zum Tragen des Weihnachtsbaumes an. Wir gehen die schmalen Gänge zwischen den Tannenbäumen auf und ab, scheuchen mit einem Scheltwort die uns verfolgenden Buben fort, die einfach unerträglich werden mit ihrem Geschrei und ihrer Zudringlichkeit. Erschreckt flattern sie auseinander wie eine Schar gescheuchter Vögel, um sich sofort wieder zusammenzurotten und uns wieder zu verfolgen. Mein Freundin und ich sehen uns ratlos an: Zerlumpte, Ärmste gab es hier genug, aber von denen wagten wir keinen in unser Haus zu rufen. Traurig wanderten wir heim, die enttäuschte schimpfende Schar hinter uns lassend. Es ist ein Tag vor Weihnachten, und wir haben uns in ein einsames Weihnachtsfest gefunden. Da gehe ich abends in der Dämmerung durch die Straßen und sehe an einem hell erleuchteten
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