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Weihnachten
in Rom
Weihnachtsgeschichte
von Monika Hunnius - Seite 2
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Anfag der Weihnachtsgeschichte ]
Für ein deutsches Gemüt wirkt es fast komisch und hat durchaus etwas
Theatralisches. Indessen liegt das heilige Bambino in einem Prunkgewande in der
Krippe und lächelt starr mit seinem kleinen Holzgesicht.
Wir verlassen die Kirche, um zur rechten Zeit zu unserem Festgottesdienst zu
kommen. Dicht neben Ara - Celi, auch auf dem Kapitolinischen Hügel,
befindet sich die kleine deutsche Gesandtschaftskirche. Das erste, was man beim
Eintritt erblickt, ist ein strahlender Weihnachtsbaum auf dem Altar. Ja, hier
ist Weihnachten, heimatlich und schön! Kannte man auch die wenigsten,
welche die Kirche füllten, so war es doch in dem Augenblick, als
gehörte man schon lange zueinander.
Deutsche Weihnachtslieder mitten im Herzen Roms, eine deutsche
Weihnachtspredigt und ein deutscher kleiner Chor, der zum Schluss "Stille
Nacht, heilige Nacht" sang. Das zu erleben war wunderschön!
Klingen die Töne wohl hinaus bis zum Kolosseum, hallen sie wider von den
Mauern, die die letzten Sterbeseufzer der gemarterten Christen einst vernommen?
- Der Gottesdienst ist beendet; ich stehe auf dem Platz vor der Kirche, an eine
niedrigen Mauer gelehnt. Zu meinen Füßen liegt Rom im
Dämmerlicht. Da plötzlich erklingen die Glocken, es scheint, als ob
ganz Rom im Klang sich auflöste und zum Himmel emporstiege! Es ist eine
unwirkliche Welt, in der man steht, umflutet von Weihnachtsglockenklang! -
Nun sind wir zu Hause. Unser Lorbeerbäumchen strahlt im Glanze der
Weihnachtskerzen, Fenster und Türen sind weit geöffnet, der Tiber
rauscht am Hause vorbei.
Der Herr des Hauses, ein alter vornehmer Italiener, liest die
Weihnachtsgeschichte italienisch. Ich nannte ihn nur den "Herrn
Senator", so voll edler Würde war seine Erscheinung. Ihm fehlte nur
die Toga um die Schultern. Er liest mit schöner, klangvoller Stimme.
Wunderbar klingt die alte edle Sprache von seinen Lippen.
Außer uns ist noch eine italienische Familie da, der ist die Feier fremd,
und sie hält sich dicht aneinandergedrängt. Die Kinder staunen mit
großen schwarzen Augen auf den Baum und wenden dann ihre Köpfchen
wieder neugierig forschend auf den Lesenden.
Ein festliches Abendessen vereinigt uns alle. Der Herr Senator erhebt sich, das
Weinglas in der Hand, in dem der goldene Frascati funkelt. Er hält eine
Rede auf mich, "auf die blonde Fremde", die ein italienisches Herz
hätte. Er spricht so schön; jede Bewegung hat was Feierliches; aber
die blonde Fremde mit dem "italienischen Herz" fühlt, wie
deutsch diese Herz schlägt, das ganz von Heimweh erfüllt ist. - Ach,
jetzt gehen sie daheim durch den funkelnden Schnee in den
Weihnachtsgottesdienst, und der Lichtschein fällt hier und da schon aus
den hellerleuchteten Fenstern auf den Schnee, die Weihnachtsglocken läuten
. . .
Die italienische Familie ist fort. Alles im Hause ist zur Ruhe gegangen. Ich
bin in meinem Zimmer. Da klopft es sacht an meine Tür; die beiden alten
Freundinnen sind da. "Jetzt komm noch einmal ins Weihnachtszimmer, aber
leise, damit niemand im Hause es merkt; jetzt feiern wir noch einmal
Weihnachten und zünden die Lichter für uns drei Heimatmenschen
an."
Und wir sitzen zusammen im Weihnachtszimmer; der Lorbeerbaum erstrahlt noch
einmal im Kerzenlicht. Wir sprechen von der Heimat und den Menschen, die wir
dort geliebt.
Die Freunde erzählen von ihrem Gut, das zwischen endlosen Wiesen und
Feldern lag; sie sprechen von der grenzenlosen Einsamkeit dort um die
Weihnachtszeit: funkelnder Schnee, soweit das Auge reicht, dazwischen ein
einsames Glöckchen, das die Stille durchklingt, und in dem alten
schönen Hause mit den wunderbaren Möbeln und schönen Bildern
sie, mit ihrem jungen Herzen voll glühender Sehnsucht nach Leben . . Von
dem kleinen Städtchen, das nahe beim Gut lag, wohin sie oft in der
Weihnachtszeit hinüberfuhren; von dem alten Doktor dort, der in seinem
niedrigen, gelb angestrichenen Doktorhaus mit dem großen Garten lebte,
und dessen Liebe und Freude so stark war, dass er alle Herzen reich machte, die
in sein Leben traten. - Sie erzählen von meiner Mutter, die mit ihren
schneeweißen Haaren und jungen leuchtenden Augen durch die Straßen
Roms gewandert war und all die Schönheit, die diese Augen schauten, in
ihre Seele trank . . .Nun sind sie alle tot, die einst so stark gelebt und
geliebt . . .
Langsam brennen die Lichter am Baum herab. Und draußen rauscht der Tiber
und funkeln die römischen Sterne.
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