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Der
allererste Weihnachtsbaum
Weihnachtsgeschichte
von Hermann Löns - Seite 2
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"JA," sagte der Alte, "aber was hilft mir das?" "Gib
ein paar Äpfel her," sagte das Christkindchen, "ich habe einen
Gedanken."
Der Weihnachtsmann machte ein dummes Gesicht, denn er konnte es sich nicht
recht vorstellen, dass das Christkind bei der Kälte Appetit auf die
eiskalten Äpfel hatte. Er hatte zwar noch einen guten alten Schnaps in
seinem Dachsholster, aber den mochte er dem Christkindchen nicht anbieten.
Er machte sein Tragband ab, stellte seine riesige Kiepe in den Schnee, kramte
darin herum und langte ein paar recht schöne Äpfel heraus. Dann
fasste er in die Tasche, holte sein Messer heraus, wetzte es an einem
Buchsstamm und reichte es dem Christkindchen. "Sieh, wie schlau du
bist", sagte das Christkindchen. "Nun schneid/` mal etwas Bindfaden
in zweifingerlange Stücke, und mach` mir kleine spitze
Pflöckchen." Dem Alten kam das alles etwas ulkig vor, aber er sagte
nichts und tat, was das Christkind ihm sagte. Als er die Bindfadenenden und die
Pflöckchen fertig hatte, nahm das Christkind einen Apfel, steckte ein
Pflöckchen hinein, band den Faden daran und hängte den an einen Ast.
"So," sagte es dann, "nun müssen auch an die anderen welche
und dabei kannst du helfen, aber vorsichtig, dass kein Schnee
abfällt!"
Der Alte half, obgleich er nicht wusste, warum. Aber es machte ihm
schließlich Spaß, und als die ganze kleine Tanne voll von
rotbäckigen Äpfeln hing, da trat er fünf Schritte zurück,
lachte und sagte: "Kiek, wie niedlich das aussieht! Aber was hat das alles
für`n Zweck?"
"Braucht denn alles gleich einen Zweck zu haben?" lachte das
Christkind. "Pass auf, das wird noch schöner. Nun gib mal Nüsse
her!"
Der alte krabbelte aus seiner Kiepe Walnüsse heraus und gab sie dem
Christkindchen. Das steckte in jedes ein Hölzchen, machte einen Faden
daran, rieb immer eine Nuss an der goldenen Oberseite seiner Flügel, und
dann war die Nuss golden, und die nächste an der silbernen Unterseite
seiner Flügel, und dann hatte es eine silberne Nuss, und hing die zwischen
die Äpfel.
"Was sagst nun, Alterchen?" fragte es dann, "ist das nicht
allerliebst?"
"Ja," sagte der, "aber ich weiß immer noch nicht -
"Kommt schon!" lachte das Christkindchen. "Hast du
Lichter?"
"Lichter nicht," meinte der Weihnachtsmann, "aber `n
Wachsstock!"
"Das ist fein", sagte das Christkind, nahm den Wachsstock, zerschnitt
ihn und drehte erst ein Stück um den Mitteltrieb des Bäumchens und
die anderen Stücke um die Zweigenden, bog sie hübsch gerade und sagte
dann: "Feuerzeug hast du doch?"
"Gewiss", sagte der Alte, holte Stein, Stahl und Schwammdose heraus,
pinkte Feuer aus dem Stein, ließ den Zunder in der Schwammdose zum
Glimmen kommen und steckte daran ein paar Schwefelspäne an. Die gab er dem
Christkindchen. Das nahm einen hellbrennenden Schwefelspan und steckte damit
erst das oberste Licht an, dann das nächste davon rechts, dann das
gegenüberliegende, und rund um das Bäumchen gehend, brachte es so ein
Licht nach dem andern zum Brennen.
Da stand nun das Bäumchen im Schnee; aus seinen halbverschneiten dunklen
Gezweig sahen die roten Backen der Äpfel, die Gold - und Silbernüsse
blitzten und funkelten, und die gelben Wachskerzen brannten feierlich. Das
Christkindchen lachte über das ganze rosige Gesicht und patschte in die
Hände, der alte Weihnachtsmann sah gar nicht mehr so brummig aus, und der
kleine weiße Spitz sprang hin und her und bellte.
Als die Lichter ein wenig heruntergebrannt waren, wehte das Christkindchen mit
seinen goldsilbernen Flügeln, und da gingen die Lichter aus. Es sagte dem
Weihnachtsmann, er solle das Bäumchen vorsichtig absägen. Das tat
der, und dann gingen beiden den Berg hinab und nahmen das bunte Bäumchen
mit.
Als sie in den Ort kamen, schlief schon alles. Beim kleinsten Hause machten die
beiden halt. Das Christkindchen machte leise die Tür auf und trat ein; der
Weihnachtsmann ging hinterher. In der Stube stand ein dreibeiniger Schemel mit
einer durchlochten Platte, den stellten sie auf den Tisch und steckten den Baum
hinein. Der Weihnachtsmann legte dann noch allerlei schöne Dinge,
Spielzeug, Kuchen, Äpfel und Nüsse unter den Baum, und dann
verließen beide das Haus ebenso leise, wie sie es betreten hatten.
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