|
|
Das
Geheimnis der Mischung
Weihnachtsgeschichte
von Ludwig Ganghofer - Seite 3
|
|
|
[
zurück zum
Anfag der Weihnachtsgeschichte ]
Brieftasch' aufzumachen, dass ich meine Ehr' hineinfallen lass' zwischen seine
Hundertguldenzettel.
Aufatmend schwieg er. Seine junge Frau erwiderte kein Wort. Sie stand auf einem
Stuhl und klebte die bunten Kerzlein auf die obersten Zweige des Baumes. Dabei
zitterten ihre Hände und nach einer stummen Weile fuhr es ihr
plötzlich heraus: "Robert! Wenn du zu einer solchen Schlechtigkeit
hätt'st ja sagen können, ich glaub`, da wär's aus gewesen mit
meiner Lieb." Er nickte nur, als hätte sie etwas
Selbstverständliches gesagt.
Nun sprang sie vom Stuhl und die Kerzen wurden angezündet. Robert
öffnete die verschlossene Türe, der Großmutter voran
stürmten die drei "Wilden" herein und lachende, jauchzende
Freude füllte die Stube, die vor wenigen Minuten noch so ernste Worte
gehört. Als sich aber der erste Jubel der Kinder ein wenig gelegt hatte,
kam mit der Bescherung die Reihe an den Vater. Mit lächelnder
Zufriedenheit betrachtete er eine nach der andern von den zwölf
brettdicken Socken, welche die Großmutter ihm gestrickt hatte, eines nach
dem andern von den sechs rot eingestickten, sorgfältig gesäumten
Taschentüchern, die ihm seine Frau beschert hatte. Dann kam aber erst die
Hauptsache - die Vorführung der "in Freiheit dressierten
Wilden". Die siebenjährige Elise brachte ein Paar gestickte Schuhe
und deklamierte dazu eine Pantoffelhymne, als deren Dichterin sich mit
verlegenem Erröten die Großmutter bekannte:
"Lieber Vater, diese Schuh
trag in Gesundheit und Ruh;
die Kindeslieb, wo mein Herz beglückt,
hab ich drinnen hineingestickt.
Drum, wenn sie dir warm halten die Füß,
denk an deine Tochter Elis'!"
Diese Verse haperten zwar, aber sie kamen von Herzen. Dann rückte die
dreijährige Marie an. Sie konnte nur mit einem Vaterunser aufwarten. Der
fünfjährige Fritz hinwieder hatte sich statt auf die Religion auf die
Kunst verlegt. Mit seinem piepsenden Stimmlein sang der kleine Käsehoch
ein Lied herunter.
"Kinder! Kinder! her zu mir!" schrie der junge Vater. Mit beiden
Armen fasste er die drei Knirpse zusammen, und während er sie so eng an
seine Brust drückte, dass sie lange Gesichter schnitten, schaute er,
über ihre Blondköpfe hinweg, ins Leere und stammelte: "Der - der
soll mir kommen - und soll mir so eine Freud verderben wollen - so eine
Freud!" Da klang von draußen ein schrillender Glockenton in die
Stube. Frau Schaller schaute ihren Mann erschrocken an - weshalb sie erschrak,
das wusste sie selbst nicht - ; dann ging sie, um die Tür zu öffnen.
Zwei Dienstmänner brachten einen großen Korb und schleppten ihn in
die Stube. Von wem er wäre, wussten sie nicht; ein vornehmer Herr
hätte sie geschickt und ließe ausrichten, dass er selbst
nachkäme. Mit zitternden Händen schlug Frau Schaller den Deckel des
Korbes in die Höhe; und was da zum Vorschein kam, entlockte den drei
Kindermäulchen ein staunendes, jubelndes Ah! Spielsachen, Backwerk,
Kleiderstoffe, das wollte fast kein Ende nehmen; und ganz zu unterst wurde ein
kleines, zierlich beschlagenes Kästchen ausgegraben, das sich bis zum Rand
angefüllt zeigte mit blitzblanken Silbergulden. Erblasst bis in die
Lippen, schaute Frau Schaller zu ihrem Mann auf; der aber streckte schon, das
Gesicht von dunkler Zornröte übergossen, die beiden Hände,
packte das Kästchen und warf es in den Korb zurück, dass die
Münzen klirrend in die Höhe sprangen. "Fort - fort mit dem Geld,
sag' ich - und die Hände von dem Zeug, Kinder, die Händ' weg!"
schrie er mit bebender Stimme. "Der Lump - weil er's auf geradem Weg nicht
fertiggebracht hat - jetzt meint er, er kann mich von hinten packen! Mitnehmen
sollen sie's wieder - auf der Stell!"
Er eilte in den Flur hinaus, um die beiden Dienstmänner
zurückzurufen. Draußen aber stand er wie versteinert und brachte
kein Wort über die Lippen. Unter der offenen Wohnungstüre
|
|
|