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Anfag des Weihnachtsmärchens ]
von denen die Schneekönigin gesagt hatte, dass er sie ausfindig machen
sollte, dann sei er sein eigener Herr, und sie wollte ihm die ganze Welt und
ein Paar neue Schlittschuhe geben.
Gretchen küsste seine Wangen, und sie wurden blühend; sie küsste
seine Augen, und sie leuchteten gleich den ihren, sie küsste seine
Hände und Füße, und er war gesund und munter. Die
Schneekönigin mochte nun nach Hause kommen, sein Freibrief stand da mit
glänzenden Eisstücken geschrieben.
Sie fassten einander an den Händen und wanderten aus dem großen
Schloss hinaus; sie sprachen von der Großmutter und von den Rosen auf dem
Dache; und wo sie gingen, ruhten die Winde und die Sonne brach hervor. Als sie
den Busch mit den roten Beeren erreichten, stand das Renntier da und wartete;
es hatte ein anderes junges Renntier mit sich, dessen Euter voll war, und
dieses gab den Kleinen seine warme Milch und küsste sie auf den Mund. Dann
trugen sie Karl und Gretchen erst zur Finnin, wo sie sich in der heißen
Stube aufwärmten und über die Heimreise Bescheid erhielten, dann zur
Lappin, welche ihnen neue Kleider genäht und ihren Schlitten in Stand
gesetzt hatte.
Das Renntier und das Junge sprangen zur Seite und folgten mit, bis zur Grenze
des Landes; dort sprosste das erste Grün hervor, da nahmen sie Abschied
vom Renntier und von der Lappin. "Lebt wohl!" sagten Alle. Und die
ersten kleinen Vögel begannen zu zwitschern, der Wald hatte grüne
Knospen, und aus ihm kam auf einem prächtigen Pferde, welches Gretchen
kannte (es war vor die goldene Kutsche gespannt gewesen), ein junges
Mädchen geritten, mit einer glänzenden roten Mütze auf dem Kopfe
und Pistolen im Halfter. Das war das kleine Räubermädchen, welches es
satt hatte, zu Hause zu sein, und nun erst gegen Norden und später, wenn
ihr dies zusagte, nach einer anderen Weltgegend hin wollte. Sie erkannte
Gretchen sogleich, und Gretchen erkannte sie, das war eine Freude.
"Du bist ein wahrer Künstler im Herumstreifen!" sagte sie zum
kleinen Karl. "Ich möchte wissen, ob du verdienst, dass man
deinethalben bis an der Welt Ende läuft!"
Aber Gretchen klopfte ihr die Wangen, und fragte nach dem Prinzen und der
Prinzessin.
"Die sind nach fremden Ländern gereist!" sagte das
Räubermädchen.
"Aber die Krähe?" fragte Gretchen.
"Ja, die Krähe ist tot!" erwiderte sie. "Die zahme Geliebte
ist Witwe geworden und geht mit einem Stückchen schwarzen wollenen Garn um
das Bein; sie klagt ganz jämmerlich, und Geschwätz ist das Ganze! -
Aber erzähle mir nun, wie es dir ergangen ist und wie du ihn erwischt
hast."
Gretchen und Karl erzählten.
Das Räubermädchen nahm Beide an die Hände und versprach, dass,
wenn sie je durch ihre Stadt kommen sollte, so wolle sie hinauf kommen, sie zu
besuchen, und dann ritt sie in die weite Welt hinaus. Aber Karl und Gretchen
gingen Hand in Hand, und wie sie gingen, war es herrlicher Frühling mit
Blumen und mit Grün; die Kirchenglocken läuteten, und sie erkannten
die hohen Türme, die große Stadt, es war die, in der sie wohnten,
und sie gingen in dieselbe hinein und hin zu der Tür der Großmutter,
die Treppe hinauf, in die Stube hinein, wo Alles wie früher, auf derselben
Stelle stand. Die Uhr sagte: " Tick! Tack!" und die Zeiger drehten
sich; aber indem sie durch die Tür gingen, bemerkten sie, dass sie
erwachsene Menschen geworden waren. Die Rosen aus der Dachrinne blühten
zum offenen Fenster herein, und da standen noch die kleinen Kinderstühle.
Karl und Gretchen setzten sich ein jeder auf den seinigen und hielten einander
bei den Händen; die kalte leere Herrlichkeit bei der Schneekönigin
hatten sie gleich einem schweren Traum vergessen. Die Großmutter
saß in Gottes hellem Sonnenschein und las laut aus der Bibel:
"Werdet ihr nicht wie die Kinder, so werdet ihr das Reich Gottes nicht
erben!"
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