|
|
Das
Christkindlein
Weihnachtsgeschichte
von Karl Heinrich Caspari - Seite 3
|
|
|
[
zurück zum
Anfang der Weihnachtsgeschichte ]
zusammen sein und mit lautem Schalle aus Einem Munde Ihn loben werden. Aber so
wir`s nicht jetzt schon tun wollen, wird der Herr einst unser Loblied auch
nicht mögen. Bitt also Ihn, Herr Vetter, herzlich um Vergebung über
alles, so ich wissentlich oder unwissentlich gegen Ihn gefehlt in Werken,
Worten und Gedanken, um Des willen, der heute geboren ist, ein
Friedefürst. Ist jemals ein arger Gedanke und falsche Ader in mir gewesen,
so weiß ich`s nicht; dass jetzt dem nicht so ist, ist Gott bekannt,
versehe mich`s also in christlicher Lieb und Treue, dass Er mein Bitten nicht
versagen, sondern freundliche Erwiderung tun wird.
Grüß Er mir auch sein liebes Söhnlein Christoph.
Der getreue Gott wolle Ihm diesen Seiner Augen Trost und Freude gnädiglich
erhalten und ein fein, fromm und verständig Kind aus ihm machen, dass er
zunehme, wie an Weisheit, so an Gnade bei Gott und den Menschen. Verbleibe also
mit Erbietung aller freundlichen Dienste
Sein getreuer Vetter
M.Georg Christoph Gerner.
Die Augen wurden ihm nass, als er das Brieflein las. - Ach, voriges Jahr, als
er den Brief empfing, waren sie ihm nicht nass geworden. Damals lebte noch sein
Christoph, sein einziges Kind, das der Pfarrer so freundlich hatte
grüßen lassen und statt 12000 Gulden hatte der Christoph nur 11000
zu erwarten, seit der Pfarrer den Prozess ihm abgewonnen, und das hatte er
diesem nicht vergeben können und hatte seinen Brief ihm ohne Erwiderung
gelassen. Vor neun Monaten aber, in der Blatternzeit, hatte der Tod einen Gang
durchs Land gemacht und einmal recht notwendig gehabt, zumal im Odenwald, und
in vielen Häusern eine Bestellung ausgerichtet, und im Haus des Vetters
Weigand hatte er auch an die große Türe geklopft, und sechs Tage und
sechs Nächte lang hatten sie den kleinen Christoph gepflegt und bewacht,
aber am siebten Tage hatte er fortgemusst mit dem finsteren Boten trotz
Jammern, Händeringen und Beten. Seitdem war des Vetters Herz sehr weich
geworden, - und die harten Taler lagen ihm jetzt nicht halb so sehr mehr an als
ehedem, und dass er je einen Streit gehabt darüber mit dem alten Pfarrer
war ihm leid, und dass er die Hand, die dieser, sein alter Freund, ihm
dargereicht, Frieden zu schließen, nicht mit beiden Händen
ergriffen, und dass es jetzt zu spät dafür war, das wollte ihm schier
das Herz abdrücken.
Wie es nun am 24. Dezember ein gar so heller und schöner Tag ist, und die
Luft so frisch und der Weg so hart gefroren, denk er : Ich will einen Gang
hinüber nach Eschau tun ins Trauerhaus; dann werden die Leute sagen: Der
Vetter will wieder Freundschaft halten mit ihnen, und der verlassenen Frau und
den verwaisten Kindern wird`s wohl tun. - Nachdem er den blautuchenen Rock
sauber gebürstet und den Dreiecker aufgesetzt und den langen Stab in die
Hand genommen, macht er sich auf den Weg, und als er durch die Tannen gekommen
und am Neuhof stand und das Dorf mit dem geschieferten Kirchturm vor ihm lag,
war`s noch heller Tag. Er sah das Pfarrhaus, wie es sich hoch aus dem
blätterlosen Hag emporhob, - manch gute Stunde hatte er dort genossen, als
er mit dem Pfarrer noch gut Freund gewesen, - er sah den Gottesacker
drüben auf dem Berge unter dem Walde liegen mit der grauen Mauer und dem
alten einsamen Torhäuschen, - dort lag ein Mann begraben unter der kalten
Erde, der gern im Frieden von ihm geschieden, aber er hat nicht getan nach dem
Wort: Sei willfähig deinem Widersacher bald, dieweil du noch mit ihm auf
dem Wege bist!
Wie er so dasteht in Gedanken, hört er einen Schritt nahen; ein
Büblein kommt den Pfad herauf, ein Bündlein in der Hand, und scheint
ihn nicht zu bemerken, - denn es bleibt von Zeit zu Zeit stehen und schaut auf
das Dorf zurück, und wenn es dann wieder zum Weitergehen sich anschickt,
fährt`s mit dem Ärmel über die Augen und weint jedes Mal
bitterlich.
Wohin, Büblein, sagte der Vetter, wem stehst du zu und warum weinst du so?
- Das Büblein erschrickt, als er mit einem Male angerufen wird; wie es
aber den Fragenden angesehen hat,
|
|
|