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Erste
Weihnachten in der Waldheimat
Weihnachtsgeschichte
von Peter Rosegger - Seite 3
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Anfag der Weihnachtsgeschichte ]
Darauf der Krämer: "Damit du nit umsonst gegangen bist - wenn man
noch du sagen darf zum Herr Studenten -, so trink da ein Stamperl Roten."
Damit goss er mir aus der Flasche süßen roten Schnaps in ein
Gläschen. Als ich getrunken hatte, war mir der Mut gestiegen und die
Geldsorge gesunken. Aber nicht beim Krämer wurde eingekauft, daraufhin war
der Rote auch nicht gespendet vom alten braven Haselgraber. Ich ging über
das Brückerl zum Bäcker hinüber und kaufte einen
Vierkreuzerwecken, den ich fürsorglich in die Brusttasche steckte, so das
der Fuhrmann Blasel, der mir nachher begegnete, lachend auf mich herrief:
"Nau, der Waldbauer-Peter hat ja eine Hühnerbrust bekemma!" denn
die Vierkreuzerwecken in Sankt Kathrein waren damals nicht danach, dass sie
unter dem zugeknöpften Rock verborgen bleiben konnten. Ich kam nach Hause
und nun war für den Christbaum alles beisammen. Aber kaum mir darob
behaglich ward, fiel mir ein, dass gerade noch etwas Wichtiges fehlte: die
Kerzen. Ich hatte der kleinen Wachskerzen vergessen; wo nehme ich sie her?
Ich nahm sie einfach her.
In einem Bauernhause ist für alles Rat, nur gehört zur
Herbeischaffung manchmal eine Notlüge dazu. Sie ist nicht schwer zu
machen. Zur Mutter ging ich und bat, ob sie mir nicht ihren roten
Mariazeller-Wachsstock leihen wollte. Sie fragte wozu? Na, dann tat ich`s halt.
Ich ginge in der Nacht zur Christmette, wo in der Kirche alle Leute ihre
Lichter hätten, so möchte ich auch eins haben. Sie langte nur in
ihren Gewandkasten, da hatte ich den Wachsstock.
Dann ward es Abend. Die Gesindleute waren noch in den Ställen
beschäftigt, oder in den Kammern, wo sie sich nach der Sitte des heiligen
Abends die Köpfe wuschen, und ihr Festgewand herrichteten. Die Mutter in
der Küche buk die Christtagskrapfen und der Vater mit dem kleinen Nickerl
besegnete den Hof. Hatte nämlich der Vater in einem Gefäß
glühende Kohlen, hatte auf dieselben Weihrauch gestreut und ging damit
durch alle Räume des Hofes, durch die Stallungen, Scheunen und
Vorratskammern, in alle Stuben und Kammern des Hauses endlich, um sie zu
beräuchern und dabei schweigend zu beten. Das schweigende Beten, sagt die
Mutter gern, sei wirksamer als das laute. Ja freilich, weil es ein Gebet des
Gedankens, des Gefühles ist. Nun, und den Vater begleitet der Nickerl mit
einem Gefäß Weihwassers und mit dem Sprenggrassel. So wie der Vater
durch das Räuchern segnete, so tat es der Kleine mit Sprengen. Es sollten
böse Geister vertrieben und gute ins Haus gesegnet werden. So hat man aus
den altgermanischen Rauhnächten kirchliche Rauchnächte gemacht.
Wenige Jahre vorher hatte ich dem Vater bei diesem priesterlichen Amte noch
geholfen, nun tat es schon das Brüderle, und gewiss auch mit jener
ehrfürchtigen Andacht, die den Geheimnissen dieser Nacht gebührt.
Dieweilen also die Leute alle draußen zu tun hatten, bereitete ich in der
großen Stube den Christbaum. Das Bäumchen, das im Scheite stak,
stellte ich auf den Tisch. Dann schnitt ich vom Wachsstock zehn oder zwölf
Kerzchen und klebte sie an die Ästlein. Das plagte ein wenig, denn etliche
wollten nicht kleben und fielen herab. Ich hätte sehr gern Geduld gehabt,
um alles ordentlich zu machen, aber jeden Augenblick konnte die Tür
aufgehen und vorzeitig wer hereinkommen. Gerade diese zitternde Hast, mit der
sie behandelt wurde, benützten die Kerzen, um mich ein wenig zu necken.
Endlich aber wurden sie fromm, wie es sich für Christbaumkerzchen geziemt
und hielten fest. Es war gut. Unterhalb, am Fuße des Bäumchens,
legte ich den Wecken hin.
Da hörte ich über der Stube auf dem Dachboden auch schon Tritte -
langsame und trippelnde. Sie waren schon da und segneten den Bodenraum. Bald
würden sie in der Stube sein, mit der wir den Rauchgang zu
beschließen pflegten. Ich zündete die Kerzen an und versteckte mich
hinter den Ofen. Noch war es still. Ich betrachtete vom Versteck aus das lichte
Wunder, wie in dieser Stube nie ein ähnliches gesehen worden. Die
Lichtlein auf dem Baume brannten so still und feierlich - als schwiegen sie mir
himmlische Geheimnisse zu. Aber da fiel es mir ein - wenn sie nieder brannten,
bevor die Leute kommen! Wie konnte ich`s denn hindern?
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