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Erste
Weihnachten in der Waldheimat
Weihnachtsgeschichte
von Peter Rosegger - Seite 4
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Anfag der Weihnachtsgeschichte ]
Da konnte ja alles ganz dumm misslingen! Es ist gar nicht so leicht,
Christkindel zu sein, als man glaubt.
Endlich hörte ich an der Schwelle des Vaters Schuhklöckeln - man
wusste schon immer, wenn er so klöckelte, dass es der Vater war. Die
Tür ging auf, sie traten herein mit ihren Weihgefäßen und
standen still.
"Was ist denn das?!" sagte der Vater mit leiser, langgezogener
Stimme. Der Kleine starrte sprachlos drein. In seinen großen runden Augen
spiegelten sich wie Sternlein die Christbaumlichter. - Der Vater schritt
langsam zur Küchentür und flüsterte hinaus: "Mutter! -
Mutter! komm ein wenig herein." Und als sie da war: "Mutter, hast du
das gemacht?"
Maria und Josef!" haucht die Mutter. "Was lauter habens denn da auf
den Tisch getan?" Bald kamen auch die Knechte, die Mägde herbei, hell
erschrocken über die seltsame Erscheinung. Da vermutete einer, der Jungen,
der aus dem Tale war: Es könnte ein Christbaum sein. Sollte es denn
wirklich wahr sein, dass Engel solche Bäumlein vom Himmel bringen? - Sie
schauten und staunten. Und aus des Vaters Gefäß qualmte der
Weihrauch und erfüllte schon die ganze Stube, so das es war wie ein zarter
Schleier, der sich über das brennende Bäumchen legte. Die Mutter
suchte mit den Augen in der Stube herum: "Wo ist Peter?"
"Ah," sagte der Vater, "jetzt schon, jetzt rait ich mir`s schon,
wer das getan hat."
Da erachtete ich es an der Zeit, aus dem Ofenwinkel hervorzutreten. Den kleinen
Nickerl, der immer noch sprachlos und unbeweglich war, nahm ich an dem
kühlen Händchen und führte ihn vor den Tisch. Fast sträubte
er sich. Aber ich sagte - selber tief feierlich gestimmt - zu ihm: "Tu
dich nicht fürchten, Brüderl. Schau, das lieb Christkindl hat dir
einen Christbaum gebracht. Der ist dein."
Und da hub der Kleine an zu wiehern vor Freude und Rührung, und die
Hände hielt er gefaltet wie in der Kirche.
Öfter als vierzigmal seither hab ich den Christbaum erlebt, mit
mächtigen Glanz, mit reichen Gaben und freudigen Jubels unter Großen
und Kleinen. Aber eine größere Freude habe ich noch nicht gesehen,
als jene meines kleinen Brüderleins Nickerl - dem es so plötzlich und
wundersam vor Augen trat - ein Zeichen dessen, der da vom Himmel kam. Solange
die Lichtlein brannten, war es wie ein Gottesdienst, während der Mutter
auf dem Herde richtig ein paar Krapfen verschmorten. Erst als die Lichtlein
verloschen, eins ums andere, bis auch das letzte mit ein paar knisternden
Flackern dahin war, huben die Leute an zu reden und einer brachte, weil es ja
finster geworden war, von der Küche ein rötliches Spanlicht herein.
"Was denn darunter liegt!" sagte der Vater und zeigte auf den Wecken.
"Nickerl, mich deucht, das gehört auch dein."
Der schöne, bräunliche Wecken, mit Weinberln gespickt - weil es
Weihnachtsgebäck war - , wurde dem Kleinen in die Hand gegeben. Er hielt
ihn ganz hilflos vor sich. Die Freude wurde nicht größer, weil sie
nicht mehr größer werden konnte. Der Christbaum allein hatte sein
ganzes Herzlein ausgefüllt, sowie er auch unsere Kinder ausfüllen
würde, wenn der himmlische Lichterbusch nicht so sehr mit irdischen Tand
verweltlicht würde.
Nachher beim Nachtmahl wurden allerhand Meinungen laut.
"´s Krippel ist eh da oben," entgegnete der Vater und wies gegen
den Wandwinkel, wo neben mehreren Heiligenbildern mit kleinen Figuren auch die
Darstellung der Geburt Christ war.
"`s kommt halt eine neue Mod auf," wusste der Jungen aus dem Tal zu
sagen. "Der lutherisch Verwalter in Mitterdorf hat in ganz Mürzthal
den Christbaum aufgebracht. Aber da sind wenigstens gute Sachen darunter, und
dass jeder was kriegt.
"Aha, wenn du Geschenke kriegst," sagte ich gereizt, "da magst
auch einen lutherischen Christbaum, gelt!"
"Still seids!" gebot der Vater, der solche Reden nie leiden konnte,
und heut am wenigsten. Also ist die Weihnachtsstimmung schön gewahrt
geblieben. Und während wir gekochte
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