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Unter
dem Tannenbaum.
In der Dämmerstunde
Weihnachtsgeschichte
von Theodor Storm (1817 bis 1888)
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Es
war das Arbeitszimmer eines Beamten. Der Eigentümer, ein Mann in den
Vierzigern, mit scharf ausgeprägten Gesichtszügen, aber milden,
lichtblauen Augen unter dem schlichten, hellblonden Haar, saß an einem
mit Büchern und Papieren bedeckten Schreibtisch; damit beschäftigt,
einzelne Schriftstücke zu unterzeichenen, welche der danebenstehende alte
Amtsbote ihm überreichte. Die Nachmittagssonne des Dezembers beleuchtete
eben mit ihrem letzten Strahl das große, schwarze Tintenfass, in das er
dann und wann die Feder tauchte. Endlich war alles unterschrieben.
"Haben Herr Amtsrichter sonst noch etwas?" fragte der Bote, indem er
die Papiere zusammenlegte. - "Nein, ich danke Ihnen." - "So habe
ich die Ehre, vergnügte Weihnachten zu wünschen." - "Auch
Ihnen lieber Erdmann."
Der Bote sprach einen der mitteldeutschen Dialekte; in dem Tone des
Amtsrichters war etwas von der Härte jenes nördlichsten deutschen
Volksstammes, der vor wenigen Jahren, und diesmal vergeblich, in einem seiner
alten Kämpfe mit den fremden Nachbarvolke geblutet hatte. - Als sein
Untergebener sich entfernte, nahm er unter den Papieren einen angefangenen
Brief hervor und schrieb langsam daran weiter.
Die Schatten im Zimmer fielen immer tiefer. Er sah nicht die schlanke
Frauengestalt, die hinter ihm mit leisen Schritten durch die Tür getreten
war; er bemerkte es erst, als sie den Arm um seine Schulter legte. - Auch ihr
Antlitz war nicht mehr jung; aber in ihren Augen war noch jener Ausdruck von
Mädchenhaftigkeit, den man bei Frauen, die sich geliebt wissen, auch noch
nach der ersten Jugend findet. "Schreibst du an meinen Bruder?"
fragte sie, und in ihrer Stimme, nur etwas mehr gemildert, war dieselbe
Klangfarbe wie in der ihres Mannes. - Er nickte. "Lies nur selbst!"
sagte er, indem er die Feder fortlegte und zu ihr empor sah. - Sie beugte sich
über ihn herab; denn es war schon dämmrig geworden. So las sie,
langsam wie er geschrieben hatte:
"Ich bin wieder gesund und arbeitsfähig, - glücklicherweise;
denn das ist die Not der Fremde, dass man den Boden, worauf man steht, sich in
jeder Stunde neu erschaffen muss. So schlecht es immer sein mag, darin habt Ihr
es doch gut daheim. Und wer wäre nicht gern geblieben, wenn er nur ein
Stück Brot und jenes unentbehrliche "sanfte Ruhekissen" des
alten Sprichworts sich hätte erhalten können."
Sie legte schweigend die Hand auf seine Stirn, während er, der ihren Augen
gefolgt war, das Blatt umwandte. Dann las sie weiter:
"Der guten und klugen Frau, die du vorige Weihnachten bei uns hast kennen
lernen, bin ich so glücklich gewesen, durch die Vermittlung eines
Vergleichs mit ihrem Gutsnachbarn einen wirklichen Dienst zu leisten; der
schöne, so sehr von ihr begehrte Wald ist seit kurzem endlich in ihrem
Besitz gelangt. Hätten wir morgen für deinen Freund Harro nur eine
Tanne aus diesem Walde! Denn hier ist viele Meilen in die Runde kein Nadelholz
zu finden. Was aber ist ein Weihnachtsabend ohne jenen Baum mit seinem Duft
voll Wunder und Geheimnis?"
"Aber du," sagte der Amtsrichter, als seine Frau gelesen hatte,
"du bringst in deinen Kleidern den Duft des echten Weihnachtsabends!"
- Sie langte lächelnd in den Schlitz ihres Kleides und legte ein
großes Stück braunen Weihnachtskuchen vor ihm auf den Tisch.
"Sie sind eben vom Bäcker gekommen," sagte sie, "prob nur;
deine Mutter backt sie dir nicht besser!" Er brach einen Brocken ab und
prüfte ihn genau; aber er fand alles, was ihn als Knaben daran
entzückt hatte, die Masse war glashart, die eingerollten Stückchen
Zucker wohl zergangen und kandiert. "Was für gute Geister aus diesem
Kuchen steigen," sagte er, sich in seinem Arbeitsstuhl zurücklehnend;
"ich sehe plötzlich, wie es daheim in dem alten, steinernen Hause
Weihnachten wird. - Die Messingtürklinken sind womöglich noch blanker
als sonst; die große gläserne Flurlampe leuchtet heute noch heller
auf die Stuckschnörkel an den sauber
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