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Unter
dem Tannenbaum.
Unter
dem Tannenbaum
Weihnachtsgeschichte
von Theodor Storm - Seite 3
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Knaben; eine scharfe Lupe für die Käfersammlung, ein paar bunte
Münchener Bilderbogen, die nicht fehlen durften, von Schwind und Otto
Speckter; ein Buch in rotem Halbfranzband; dazwischen ein kleiner Globus in
schwarzer Kapsel, augenscheinlich schon ein altes Stück. "Es war
Onkel Erichs letzte Weihnachtsgabe an mich," sagte der Amtsrichter;
"nimm du es nun von mir! Es ist mir in diesen Tagen aufs Herz gefallen,
dass ich ihm die Freude, die er mir als Kind gemacht, in späterer Zeit
nicht einmal wieder gedankt -; nun haben sie mir den alten Herrn im letzten
Herbst begraben!"
Frau Ellen legte den Arm um ihren Mann und führte ihn an den Spiegeltisch,
auf dem heute die beiden silbernen Armleuchter brannten. Auch ihm hatte sie
beschert; das erste aber, wonach seine Hand langte, war ein kleines Lichtbild.
Seine Augen ruhten lange darauf, während Frau Ellen still zu ihm empor
sah. Es war sein elterlicher Garten; dort unter dem Ahorn vor dem Lusthause
standen die beiden Alten selbst, das noch dunkle Haar seines Vaters war
deutlich zu erkennen. - Der Amtsrichter hatte sich umgewandt; es war, als
suchten seine Augen etwas. Die Lichter an dem Moosgärtchen brannten
knisternd fort; in ihrem Schein stand der Knabe vor dem aufgeschlagenen
Weihnachtsbuch. Aber droben unter der Decke des hohen Zimmers war es dunkel;
der Tannenbaum fehlte, der das Licht des Festes auch dort hinaufgetragen
hätte.
Da klingelte draußen im Flur die Glocke, und die Haustür wurde
polternd aufgerissen. "Wer ist denn das?" sagte Frau Ellen; und Harro
lief zur Tür und sah hinaus. - Draußen hörten sie eine raue
Stimme fragen: "Bin ich denn hier recht beim Herrn Amtsrichter?" Und
in dem selben Augenblicke wandte auch der Knabe den Kopf zurück und rief:
"Knecht Ruprecht; Knecht Ruprecht!" Dann zog er Vater und Mutter mit
sich aus der Tür.
Es war der große bärtige Mann, der den beiden Spaziergängern
vorhin oberhalb der Stadt begegnet war; bei dem Schein des Flurlämpchens
sahen sie deutlich die rote Hakennase unter der beschneiten Pelzmütze
leuchten. Sein langes Gepäck hatte er gegen die Wand gelehnt. "Ich
habe das hier abzugeben!" sagte er, indem er auch den schweren Quersack
von der Schulter nahm. - "Von wem denn?" fragte der Amtsrichter. -
"Ist mir nichts von aufgetragen worden." - "Wollt ihr denn nicht
näher treten?" - Der Alte schüttelte den kopf. "Ist alles
schon besorgt! Habt gute Weihnacht beieinander!" Und indem er noch einmal
mit der großen Nase nickte, war er schon zur Tür hinaus.
"Das ist eine Bescherung!" sagte Frau Ellen fast ein wenig
schüchtern. - Harro hatte die Haustür aufgerissen. Da sah er die
große dunkle Gestalt schon weithin auf dem beschneiten Wege
hinausschreiten.
Nun wurde die Magd herbeigerufen, deren Bescherung durch dieses Zwischenspiel
bis jetzt verzögert war; und als mit ihrer Hilfe die verhüllten Dinge
in das helle Weihnachtszimmer gebracht waren, kniete Frau Ellen auf dem
Fußboden und begann mit ihrem Trennmesser die Nähte des großen
Packens aufzulösen. Und bald fühlte sie, wie es von innen heraus sich
dehnte und die immer schwächer werdenden Bande zu sprengen strebte; und
als der Amtsrichter, der bisher schweigend dabei gestanden, jetzt die letzten
Hüllen abgestreift hatte und es aufrecht vor sich hingestellt hielt, da
war`s ein ganzer mächtiger Tannenbaum, der nun nach allen Seiten seine
entfesselten Zweige ausbreitete. Lange schmale Bänder von Knittergold
rieselten und blitzten überall von den Spitzen durch das dunkle Grün
herab; auch die Tannäpfel waren golden, die unter allen Zweigen hingen.
Harro war indes nicht müßig gewesen, er hatte den Quersack
aufgebunden; mit leuchtenden Augen brachte er einen flachen, grün
lackierten Kasten geschleppt. "Horcht, es rappelt!" sagte er;
"es ist ein Schubfach darin!" Und als sie es aufgezogen, fanden sie
wohl ein Schock der feinsten, weißen Wachskerzchen. - "Das kommt von
einem echten Weihnachtsmann!" sagte der Amtsrichter, indem er einen Zweig
des Baumes herunterzog, "da sitzen schon überall die kleinen
Blechlampetten!"
Aber es war nicht nur ein Schubfach in dem Kasten, es war auch obenauf ein
Klötzchen mit einem Schraubengang. Der Amtsrichter wusste Bescheid in
diesen Dingen; nach einigen
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