Nikolaus-Weihnachten.de - Weihnachtsgeschichten, Weihnachtsgedichte, Weihnachtsbilder, ...
  
   Weihnachtsgeschichten
   Weihnachtsgedichte
   Weihnachtslieder
  
   Weihnachtsbilder
   Weihnachtsgeschichte
   Weihnachtsmarkt
   Winterbilder
   Weihnachtsmotive
  
   Die
   Weihnachtsgeschichte
   Die
   Nikolauslegende

     
  




Lang, Lang ist`s her.

Weihnachtsgeschichte von Heinrich Seidel - Seite 5

[ zurück zum Anfang der Weihnachtsgeschichte ]

Platz. Es war ein hübscher Anblick, diese beiden verschiedenen und doch wieder gleichartigen Männer einander gegenüber zu sehen. Vor allem war ihnen gemeinsam, dass sie beide wirkliche Männer waren. Aber war in der äußeren Erscheinung des ältern mehr das Viereck ausgeprägt, so kamen bei dem jüngern die sanften Linien des Ovals zur Geltung. In dem einen war mehr Charakter, in dem andern mehr Schönheit. Der Kaufmann hatte das klare, feste, graue Auge, das die Außendinge mit sicherem Blick umfasst und bewältigt, in den blauen Augen des Künstlers war jene Klarheit, die auf eine sichere Beherrschung einer geistigen Innenwelt schließen lässt.
Leonard war nicht überrascht durch das kurze und summarische Verfahren seines Gegners, er hatte eher Schlimmeres erwarten. "Ich habe wenig hinzuzufügen," sagte er; "da Sie von der Hauptsache bereits unterrichtet sind, so kämen nur noch meine äußeren Verhältnisse in Betracht. Die Ausübung meines Berufes sichert mir eine nicht unbedeutende Einnahme, die, wie ich mit einiger Sicherheit annehmen darf, eine fortwährende Steigerung erfahren wird, außerdem bin ich im Besitz eines Vermögens, das an und für sich zur Gründung und Unterhaltung eines Hausstandes ausreicht. Was meinen persönlichen Charakter betrifft, so steht mir darüber ein Urteil nicht zu, jedoch liegt mein Leben und öffentliches Wirken so klar da, dass es Ihnen nicht schwer fallen kann, darüber Näheres zu erfahren."
"Soweit wäre demnach alles in der besten Ordnung," sagte Herr Bolten; "wenn ich Ihnen nun dennoch die Hand meiner Tochter auf jeden Fall verweigere, so werden Sie die Ursache hiervon sicher nicht einsehen und von mir eine Darlegung meiner Gründe erwarten."
Leonard wurde etwas verwirrt durch die Schroffheit des alten Herrn. "Ich fürchte, Sie werden mich nicht überzeugen," sagte er dann mit einem Anflug von Humor.
"Darin haben Sie vermutlich recht," sagte Herr Bolten, "was jedoch die Darlegung meiner Gründe betrifft, sehen Sie, ich könnte Ihnen einfach sagen, es sei gegen mein Prinzip, meine Tochter einem Musiker zu geben. Es wäre das Billigste. So ein Prinzip ist eine gute Streitart, sie jemanden vor den Kopf zu schlagen, der uns mit Gründen in die Enge getrieben hat. Mir fehlen die Gründe jedoch nicht, und ich will sie Ihnen nicht vorenthalten. Lebenserfahrungen unangenehmer Art haben meine Beobachtung geschärft und meine Blicke gerade auf Ihren Stand gerichtet, und ich bin dabei zu Resultaten und Ansichten gekommen, die Ihnen vielleicht unangenehm und ungerecht, mir aber als unabänderliche Wahrheit erscheinen. Die Musik ist von allen Künsten die lustigste Kunst, sie spricht zu und in unbestimmten Tönen und Wendungen, sie haftet am wenigsten an Dingen dieser Erde, ihr Wesen ist Ahnung und Sehnsucht. In das Innerste einer Kunst einzudringen, die sich in solchen subtilen Regionen bewegt, sie selber schöpferisch und mit Genie auszuüben, erfordert eine Feinfühligkeit der Seele, die in Dingern des wirklichen Lebens zur großen Gefahr werden kann. Aus diesen Gründen erklärt sich das excentrische und oft haltlose Wesen der meisten bedeutenden Musiker, und endlich verweigere ich Ihnen aus diesen Grünen die Hand meiner Tochter, gerade weil Sie, wie ich wohl weiß, hervorragend und bedeutend in Ihrem Fache sind."
Leonard hatte ungeduldig auf seinem Stuhle gerückt, als Herr Bolten seine krausen und seltsamen Theorien entwickelte. "Wenn ich Sie recht verstehe," fiel er jetzt ein, "so sagen Sie damit, jeder begabte Komponist ist vermöge seiner seelischen Anlagen, die große Reizbarkeit und Empfänglichkeit bedingen, ein unzuverlässiger Charakter. Sie vergessen, dass andere Eigenschaften vorhanden sein können, das Gleichgewicht wieder herzustellen. Sie würden mir vielleicht eine Menge von Beispielen für Ihre Theorie aufzählen können und würden sorgfältig verschweigen, was gegen sie spricht. Und wenn Sie recht hätten, wer sagt Ihnen denn, dass ich nicht auf die Welt gesendet bin als erste und einzige Ausnahme, nur um die Regel zu bestätigen?"
"Sie haben Humor," fügte Herr Bolten mit wohlwollender Strenge ein.
"Ich kann Ihre Gründe nicht würdigen und annehmen," fuhr Leonard fort, "ich protestiere selbstverständlich gegen die Regel, aber selbst diese zugegeben, können Sie doch die Ausnahme nicht wegleugnen. Und das vernichtet all Ihre Gründe, denn da mein ganzes
Seite: Seite 1 - Lang, Lang ist`s her   Seite 2 - Lang, Lang ist`s her   Seite 3 - Lang, Lang ist`s her   Seite 4 - Lang, Lang ist`s her      Seite 6 - Lang, Lang ist`s her   Seite 7 - Lang, Lang ist`s her   Seite 8 - Lang, Lang ist`s her   






Nikolaus-Weihnachten.de
copyright © 2022



Weihnachtsgeschichte: Lang, Lang ist`s her.