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Am See und im Schnee

I. Am See.

Weihnachtsgeschichte von Heinrich Seidel - Seite 2

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Einige Jahre später starb auch der alte Maifeld, und der Sohn trat an seine Stelle. Auch dieser sah sich alsbald unter den Töchtern des Landes um, und dem Bunde, den er einging, entsprosste ein Mädchen, das auf den Namen Helene getauft, aber Hella genannt wurde.
Anfangs herrschte unter den beiden Nachbarfamilien ein so fröhlicher Verkehr, wie in den Zeiten der Väter, und die Braunsberger Halbchaise mit den zwei prächtigen Apfelschimmeln hielt ebenso oft mit scharfem Ruck vor dem Wildingshäger Herrenhause an, als die mit zwei schönen Füchsen bespannte Kutsche Fritz Dieterlings vor dem Hause des benachbarten Freundes. Die beiden jungen Landleute tauschten Erfahrungen miteinander aus, die Frauen Sämereien, Bruteier oder Kochrezepte, und wenn in dem Braunsberger Obstgarten die Gravensteiner Äpfel gediehen oder im Wildingshänger die Grand Richards, so hatte man auf beiden Gütern von diesen köstlichen Früchten. Jedoch im Laufe der Zeit stellten sich allerlei Zerwürfnisse heraus, denn es zeigte sich, dass die politischen Ansichten beider Männer vollständig verschieden waren. Während Maifeld einer äußerst konservativen Richtung angehörte, waren Dieterlings Anschauungen von durchaus liberaler Färbung, und da sich durch das eben vorübergegangene Jahr 1848 dergleichen Spannungen sehr verschärft hatten, so konnte es nicht ausbleiben, dass sich die Gemüter der beiden Freunde, wenn sie bei dem guten Rotwein aus den Kellern ihrer Väter saßen, oft bedeutend erhitzten, indem der eine für das Wohl des Vaterlandes gerade das für ersprießlich hielt, was der andere für dessen Ruin und gänzliches Verderben erachtete. Dazu kam noch, dass sich Dieterling auch in seinem landwirtschaftlichen Berufe als ein Freund des Neuen und des Fortschritts erwies, während Maifeld auch hier dem Alten und von den Vätern Erprobten anhing und nicht verfehlte, jeden missglückten Versuch einer Neuerung mit lustigen Spöttereien und kleinen höhnischen Bemerkungen zu begleiten. Si geschah es denn, dass sich die Kluft zwischen den beiden Freunden immer mehr erweitere, dass sie immer seltener miteinander zusammenkamen und schließlich eines Tages an einem dritten Orte so heftig aneinander gerieten , dass Dieterling seinen Nachbar für einen bejammernswerten Idioten erklärte, während dieser ihm einen aufgeblasenen Schwätzer gegenleistete. Das nach diesem Auftritt unvermeidlich scheinende Duell wurde durch die Vermittelung wohlmeinender Freunde glücklich verhindert, allein von dieser Zeit ab war der Bruch entschieden und die Beziehung zwischen beiden Gütern gänzlich zu Ende. Da nun auf dem Schutthaufen einer gewesenen Freundschaft die Giftpflanzen der Verleumdung und des Hasses bekanntlich am üppigsten gedeihen, so standen diese Gewächse bald in kräftiger Blüte und sogen aus jedem kleinen Anlass neue Nahrung und herrliches Wachstum. Alles Nachteilige und Dumme, was gute Freunde und getreue Nachbarn über die andere Familie bereitwilligst verbreiteten und herumtrugen, ward mit verächtlichem Achselzucken und einer Miene hingenommen, die ausdrücken sollte, dass lächerliche Abgeschmacktheit eben das sei, was man von der gegnerischen Seite als natürliche Lebensäußerung erwarte und voraussetze. Da nun zufälligerweise beide Güter den natürlichen Abfluss ihrer Produkte nach zwei verschiedenen Städten hatten, so geschah es auch, da die feindlichen Familien sich nicht mehr suchten und es unmöglich war, sie in der Gegend zusammen einzuladen, dass beide niemals miteinander zusammentrafen und sogar die Männer jahrelang einander nicht ansichtig wurden. Die ältesten Kinder, Fritz und Hella, in so jugendlichem Alter voneinander getrennt, hatten sich ebenfalls niemals wieder erblickt, sondern nur voneinander gehört, wodurch sie unter den vorhin erwähnten Umständen zu keinen sehr anmutigen Begriffen gelangen konnten. Als beide fast erwachsen waren, stellte sich das junge Mädchen unter dem Nachbarssohne ein Geschöpf vor, das man vielleicht zart mit "wüster, unwissender Tagedieb" bezeichnen könnte, während dieser von seiner jungen Nachbarin eine Vorstellung hatte, die durch den Ausdruck "alberner Zierpuppe" nur schüchtern und mit aller Rücksicht, die man dem weiblichen Geschlechte schuldig ist, wiedergegeben werden kann.
Fast zehn Jahre hatte der Zwist der beiden Familien gedauert, die "alberne Zierpuppe" war blühend und frisch und ziemlich unangekränkelt von der sogenannten modernen Bildung aus
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Am See und im Schnee:
1. Am See
2. Im Schnee






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Weihnachtsgeschichte: Am See und im Schnee - Am See.


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