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Am See und im Schnee

I. Am See.

Weihnachtsgeschichte von Heinrich Seidel - Seite 4

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Pferdchen im Schritt gehen, und als sie, den Blick auf den herbstlich gefärbten Wald gerichtet, dort entlang zog, wurden allerlei Erinnerungen an längst entschwundene Zeiten in ihr wach. In früheren Tagen, als die Familien noch viel miteinander verkehrten, war man öfter auf halben Wege in diesem Walde zusammengekommen. Das Gehölz umschloss einen kleinen See, an dessen Ufern sich unter dem Schutze einer alten mächtigen Eiche einige Rasenbänke befanden und eine regendichte Mooshütte errichtet war, die bei ungünstiger Witterung einen Unterschlupf bot. Dort hatten die beiden Familien mit anderen Freunden aus der Umgegend so manches kleine Sommerfest miteinander gefeiert, und oftmals hatte von dort aus das Klingen der Gläser, fröhliches Gelächter und lustiger Gesang durch den Wald geschallt. Aus ihrer frühen Kindheit erinnerte sich Hella so mancher dieser Zusammenkünfte, und besonders die letzte dieser Art, die überhaupt stattfand, war ihr treu im Gedächtnis geblieben. Man hatte an einem wunderschönen Herbsttage dort am See den Geburtstag der Frau Dieterling gefeiert, und Hella erinnerte sich noch sehr wohl ihrer Verwunderung, als sie alle jungen Fichten der Umgegend mit leuchtenden Georginen und Sonnenblumen geschmückt fand, denn im ersten Augenblick hatte sie gedacht , diese Nadelhölzer hätten solchen farbigen Zierrat aus eigenem Vermögen hervorgebracht. Fürchterlich war es gewesen, und sie hatte sich sehr die Ohren zugehalten, als Fritz Dieterling zu Ehren des Tages aus einer großen Messingkanone das Echo anböllerte, aber nachher hatte sie selbst über den See hinweggerufen: "Hella!" Da hatten ihr zarte Stimmen geantwortet, schnell hintereinander weg und immer ferner, wohl viermal, und sie hatte fest geglaubt, dort in dem grünen Dämmer des Seeufers müssten noch andere kleine Mädchen sein, und sie wollte sie holen, um mit ihnen zu spielen. Fritz Dieterling aber hatte überlegen gelächelt und gesagt: "Das ist ja man bloß das Echo, und wenn du spielen willst, dann musst du mit mir spielen. Komm mit, ich weiß was. Was Schönes."
Dann waren sie zusammen in den Wald gegangen, soweit fort, bis sie nichts mehr von der Gesellschaft hören konnten und es ganz einsam und still war, so dass sie nur das Rascheln der Füße im Laube hörten und den seltsamen Schrei eines Vogels über den Wipfeln. Sie hatte gefragt: "Was schreit da so?" Da hatte Fritz geantwortet: "Das ist der Rückewieh!" Als ihr nun bange wurde in der Einsamkeit und weil ihr der Name des Vogels, der so seltsam schrie, graulich vorkam, da hatte Fritz gesagt: "Der Rückewieh tut dir nichts, der frisst man bloß Rücken und Gössel, und nun kommt`s auch gleich, das Schöne!"
Dann hatte sie alle Angst verloren, denn sie waren an einem Orte angelangt, wo eine Menge von mächtig großen Nussbüschen ihre Zweige ausbreiteten und teilweise ihren Reichtum an braunen Früchten schon auf das Laub des Bodens gestreut hatten. Nur zuerst hatte sie sich wieder ein wenig erschrocken, über den hässlichen, schnarrenden Ruf eines anderen Vogels, der mit lautem Schelten und hörbarem Flügelschlag durch die Zweige entfloh, aber Fritz hatte wieder sehr beruhigend gesagt: "Das ist man bloß der Holtschraag, der mag auch gern Nüsse, und sieh mal, da läuft auch ein Katzeicher den Baum in die Höh`, der ist auch hier bei gewesen."
Dem braven Fritz waren meistens nur die plattdeutschen Namen der Tiere bekannt, doch zuweilen, wo es sich seiner Ansicht nach gut machen ließ, wie hier beim Katteker, versuchte er eine Übersetzung ins Hochdeutsche. Nun hatten sie Nüsse gesammelt ganze Taschen voll, bis sie dessen müde waren. Wenn unten nicht mehr genug lagen, war Fritz wie ein "Katzeicher" hineingeklettert in die stattlichen Büsche und hatte geschüttelt, und sie hatte gejauchzt, wenn die glatten, braunen Früchte, die schon lose in ihren Hülsen saßen, auf das welke Laub hernieder prasselten. Zum Schluss hatte er dann zwei stattliche, schlanke Ruten geschnitten; an der ihren war ein grüner Busch als Zierde geblieben, an der seinen, die einen Wurfspieß darstellen sollte, war dieser beseitigt, und so zogen sie weiter, indes Fritz mit seiner neuen Waffe unterwegs allerlei ungewöhnlich bösartige, wilde Tiere seiner Einbildung erlegte und so fortwährend den Weg von schrecklichen Gefahren reinigte.
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Am See und im Schnee:
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2. Im Schnee






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Weihnachtsgeschichte: Am See und im Schnee - Am See.


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