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Eine
Weihnachtsbescherung
Weihnachtserzählung
von Paul Heyse - Seite 16
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Anfang der Weihnachtserzählung ]
aus und wir jagten uns eine Viertelstunde um die Grabsteine herum, bis mir der
Atem ausging. am Ende dauerte er mich wieder. So `ne unvernünftige Kreatur
hat manchmal mehr Attachement als ein Mensch, sagt' ich mir, und der Köter
und sein Herr passen gut zusammen, da sie beide vor Liebe sich aus der Welt
weggewünscht haben. Meinetwegen mag er seinen Willen durchsetzen. Bei 13
Grad Kälte wird er's ohnehin nicht lange treiben. Na, und Sie wollen sich
mit ihm beladen, Herr Wachtmeister? Er krepiert Ihnen unterwegs, bis Sie nach
Hause kommen. Er hat drei Tage nichts zu fressen gekriegt, und hören sie
nur, er röchelt ja schon!
Darum wollt ich eben bitten, dass Sie mich geschwinde wieder `rauslassen. Das
Übrige wer' ich schon besorgen.
Na, wie Sie wollen. Des Menschen Wille ist sein himmelreich. Aber Sie werden
sehen, Sie schleppen sich ganz umsonst mit dem Kameraden. Gute Nacht, Herr
Wachtmeister, und vergnügte Feiertage!
Gute Nacht!
Damit trat der barmherzige Samariter aus dem Kirchhofspförtchen ins Freie
und eilte mit so gewaltigen Schritten davon, als wäre das Gespenst des
jungen Selbstmörders hinter ihm her, die kostbare Last, die er unterm
Mantel trug, ihm wieder abzujagen.
Um die Zeit saß in ihrer einsamen Stube neben dem Kochofen, der eine
behagliche Wärme ausströmte, die gute dicke Frau, die heut ihren
Heiligabend ohne ihren Sohn und den Hausgenossen vom vierten Stock feiern
musste, aber auf ihrer weißen, faltenlosen Stirn stand keine Runzel des
Unmutes. Vielmehr sog sie mit offenbarem Wohlgefallen den kräftigen Duft
aus einem porzellanenen Punschnapf ein und ergab sich unter allerlei
tiefsinnigen Betrachtungen in ihr Schicksal, was sie für Zwei gebraut
hatte, allein auszuschlürfen. Der Teller mit ihrem bescheidenen Nachtmahl
war bei Seite geräumt, ein großer Honigkuchen, von dem sie langsam
Stück für Stück abbröckelte, lag neben dem dampfenden
Glase, eine alte vergriffene Bibel hatte sie vor sich auf den Knien, aber die
Hornbrille, durch welche sie das Weihnachtsevangelium zu lesen gedachte, war
hoch auf der Stirn zurückgeschoben, und ihre Gedanken gingen über das
Buch hinaus, wer weiß, wohin.
Am wenigsten wohl zu ihrem Wilhelm und seinen Bräutigamsfreuden, die ihn
ihr heute entzogen. Denn sie war ein praktischer Charakter, ohne unnötige
Sentimentalitäten, und als ihr einziger Sohn sich verlobte, hatte sie ihn
sogleich für sich selbst verloren gegeben. Dagegen den Freund vom vierten
Stock gab sie noch nicht auf. Er ziert sich zwar noch ein bisschen, sagte sie
sich im Stillen. Na, und die Rosel war ja auch eine rechtschaffende Frau und
hielt ihn gut, und dass er noch von keiner Zweiten hören will, macht ihm
am Ende keine Schande. Die Mannsleut' heut zu Tage sind selten so
nachträglich und schielen schon beim Begräbnis unter dem Trauerfolge
herum, welcher von den guten Freundinnen oder Cousinen der Seligen der Krepp am
besten steht. Aber dass er darum Zeitlebens allein hocken will - so'n Mann in
den besten Jahren - und da in der Lilienstrasse könnte er ein Leben haben
wie Gott in Frankreich - `s ist ja der helle Wahnsinn! Na, so'n stämmiger
Baum fällt nicht auf einen Schlag, und heute Abend wird er sich vielleicht
einen solchen Mordsschnupfen bei seiner Rosel holen, dass er sobald nicht
wieder hinaus will.
Sie tat einen langen Zug aus dem Glase und schnalzte mit der Zunge, als sie es
leer auf den Tisch stellte. So gut ist er mir nie geraten, sagte sie, indem sie
die Haubenbänder unter dem geröteten Kinn lockerte. Er könn's
auch brauchen, nach der frostigen Geschichte. Aber wenn er hatköppig ist -
sein eigener Schaden! Indem sie eben das Glas von Neuem füllte, hörte
sie einen wohlbekannte Schritt die Treppe heraufkommen und an ihrer Tür
einen Augenblick stillhalten. So früh hatte sie ihn nicht
zurückerwartet. Er wollte ja irgendwo in einem stillen Kneipenwinkel den
Rest des Abends verdämmern. Ob es ihn doch nach ihrem Punsch gelüstet
hatte, dessen Verdienste stets willig von ihm anerkannt worden waren? Nein, er
stapfte weiter
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